Erwin und Elmire im Bestand des Deutschen Nationaltheaters Weimar. Zum 275. Geburtstag von Anna Amalia, Herzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach
Friday, October 24, 2014
Der nachfolgende Artikel wurde von unserer Kollegin Undine Wagner (RISM Arbeitsgruppe Deutschland, Thüringischen Landesmusikarchiv) geschrieben.
Der Weimarer Musenhof und Anna Amalias sog. Tafelrunden, zu denen u. a. Goethe, Wieland und Herder gehörten, wurden zu bekannten „Schlagwörtern“ der Weimarer Kulturgeschichte. Anna Amalia, geb. am 24. Oktober 1739 in Wolfenbüttel (als Prinzessin von Braunschweig-Wolfenbüttel), gest. am 10. April 1807 in Weimar, kam durch ihre Heirat mit Herzog Ernst August II. Constantin von Sachsen-Weimar-Eisenach (lebte 1737–1758) im Jahr 1756 an den Weimarer Hof und wirkte dort von 1759 bis 1775 als alleinige vormundschaftliche Regentin für ihren minderjährigen Sohn Carl August (1757–1828). Nachdem dieser 1775 die Regierungsgeschäfte übernommen hatte, konnte sich die Herzoginwitwe ihren vielfältigen künstlerischen und wissenschaftlichen Interessen widmen. Anna Amalia verfügte über eine gediegene musikalische Ausbildung als Sängerin und Instrumentalistin (Cembalo, Klavier, Harfe, Flöte) und komponierte auch. Für das Weimarer Liebhabertheater, in dem Goethe ab 1775 führend mitwirkte, vertonte sie die Erstfassung seines Singspieltextes Erwin und Elmire. Das Werk, das am 24. Mai 1776 uraufgeführt und bis 1778 noch sechsmal gespielt wurde, erklingt gelegentlich noch in heutiger Zeit (z. B. im Liebhabertheater Schloss Kochberg). Die Originalpartitur und einige handschriftliche Stimmen gingen 2004 beim Brand der Herzogin Anna Amalia Bibliothek (D-WRz) verloren.
Der umfangreiche historische Notenbestand des Deutschen Nationaltheaters Weimar (DNT), heute als Depositum im Hochschularchiv/Thüringischen Landesmusikarchiv Weimar (D-WRha), enthält auch Material zu Anna Amalias Erwin und Elmire (D-WRha DNT 6b). Zunächst sind einige Manuskripte aus der Zeit um 1800 überliefert. Dabei handelt es sich um Stimmen für die Gesangspartien Elmire, Erwin, Olympia und Bernardo (samt Rollenheften mit den gesprochenen Dialogen). Von den teils liedhaften, teils ariosen Gesangsnummern sei besonders das Duetto (Elmire/Bernardo) Nr. 6: Ein Veilchen auf der Wiese stand erwähnt (siehe Abbildung), dessen Text unter dem Titel Das Veilchen von zahlreichen Komponisten vertont wurde – unabhängig von Anna Amalias und Goethes Singspiel.
Aus dem frühen 20. Jahrhundert stammen drei gedruckte Exemplare des Klavierauszugs mit dem Ersttitel: _Erwin und Elmire | ein Schauspiel mit Gesang | von | GOETHE | komponiert | von | Anna Amalia | Herzogin | zu | Sachsen-Weimar-Eisenach | 1776_ und dem Zweittitel: ERWIN UND ELMIRE _ | EIN SCHAUSPIEL MIT GESANG | VON | GOETHE | KOMPONIERT | VON | ANNA AMALIA | HERZOGIN ZU SACHSEN-WEIMAR-EISENACH | 1776 | NACH DER | IN DER WEIMARER | LANDESBIBLIOTHEK | BEFINDLICHEN HANDSCHRIFTLICHEN PARTITUR | BEARBEITET | UND ZUM | ERSTENMAL HERAUSGEGEBEN | VON | MAX FRIEDLAENDER | LEIPZIG 1921 | C.F.W. SIEGEL’S MUSIKALIENHANDLUNG | (R. LINNNEMANN)_. Ein Exemplar der Klavierauszüge wurde als Regiebuch, ein anderes als Sofflierbuch verwendet. In letzterem stehen oben auf dem ersten Vorsatzblatt folgende Bleistiftvermerke: „19. Mai 1928. W. Schlimme. Opernsouffleur | Bad Pyrmont. Deutsches Nationaltheater | Weimar | 1. Juni 1928. Weimar | Deutsches Nationaltheater“. Zu den Klavierauszügen existieren noch handschriftliche Stimmen der vier Gesangspartien (ebenfalls samt Rollenheften) und zwei Instrumentalstimmen (vla, vlc et b) aus derselben Zeit. Sowohl diese als auch die älteren Stimmen weisen starke Gebrauchsspuren wie Vermerke von Sängernamen, Einträge, Striche usw. auf. |
Bildunterschrift:
Nr. 6 Duetto Elmire/Bernardo: Ein Veilchen auf der Wiese stand (Takte 4–28) aus Erwin und Elmire von Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach, D-WRha DNT 6b, Partie der Elmire, f.7r
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