RISM B/I (Recueils imprimés XVIe Siècles) Version 2.0 - Bericht aus der Zentralredaktion

Monday, November 27, 2017

Eine erweiterte Version der Einträge aus der Serie B/I bis 1550 wurde 2015 in den RISM Online-Katalog eingespielt. Dank der Unterstützung durch den Kulturfonds der VG Musikedition (Kassel) erfolgt seit April dieses Jahres eine Überarbeitung der Einträge durch unseren studentischen Mitarbeiter Martin Bierwisch. Im Folgenden ein kurzer Bericht seiner Eindrücke und Erfahrungen:

Über 550 Collection-Einträge aus der B/I-Reihe verzeichnet der RISM Online-Katalog zurzeit und das sind bis auf wenige Ausnahmen nur die bis 1550. Weitere 2.200 Titel, also die restlichen Einträge des B/I-Bandes bis 1700, sind in Vorbereitung. Diese sollen auch noch eingespielt und überarbeitet werden.

Neue Exemplare und Digitalisierungsprojekte
Der B/I-Band erschien 1960, und war damit der erste Band des RISM überhaupt (RISM wurde 1952 gegründet). Da der Band aber eben schon ein gutes halbes Jahrhundert alt ist, hat sich mittlerweile einiges verändert. Bestände wurden wieder entdeckt, wanderten (wie so manche Privatsammlung in öffentliche Hand) oder gingen auch verloren. Nach dem Mauerfall änderten sich nicht nur einige RISM-Sigel, es öffneten sich auch viele Bestände in Osteuropa. Der prominenteste Fall ist dabei wohl der Bestand der Biblioteka Jagiellońska (PL-Kj), von dem ein Teilbestand ursprünglich in Berlin war, und eben diese Bibliothek ist es auch, welche viele neue Exemplar-Einträge notwendig machte. Doch sie ist damit nicht die einzige Bibliothek. Erst kürzlich sind Musikalien aus Königsberg, die als verschollen galten, in Vilnius (LT-Vn) wieder entdeckt worden (für B/I zum Beispiel 1538|4). Diese Exemplare sind im RISM-Opac nun nachgewiesen und es ist nicht auszuschließen, dass es weitere Funde geben wird.

Zur Überarbeitung nutze ich neben Informationen aus Katalogeinträgen der Bibliotheken vor allem einschlägige Literatur, besonders bibliographische Verlagsstudien wie beispielsweise zu den Verlagen Gardano und Scotto. Diese helfen Exemplare genau zu identifizieren und gegebenenfalls genauer zu beschreiben. Doch selbst diese sehr ausführlichen und vergleichsweise aktuellen Studien werden teilweise ergänzungsbedürftig. Zu oben genanntem Beispiel schrieb Mary S. Lewis in ihrer 1988 veröffentlichten Bibliographie zu Antonio Gardano [LewisG 1988] noch: „The copy listed in EitS [Eitner’s Bibliographie der Musik-Sammelwerke des 16. und 17. Jahrhunderts] as being in Königsberg is now lost.“ Jetzt nicht mehr, Heureka!

Besonders die großen Staats- und Landesbibliotheken digitalisieren ihre Bestände zunehmend. Frühe Drucke haben dabei oft besondere Priorität. So sind nun über 300 Titel mit Digitalisaten verlinkt, Tendenz steigend. Mit etwas Glück finden sich bei einem Eintrag auch mehrere Digitalisate, bei 1508|1 sogar bei vier von fünf Bibliotheken. Das ist besonders praktisch, wenn einzelne Stimmen nicht zusammen überliefert sind und man nicht gerade das Kleingeld übrig hat nach London (GB-Lbl), München (D-Mbs) und Wien (A-Wn) zu fahren. Eben diese Bibliotheken sind es, welche besonders stark mit Digitalisaten vertreten sind.

Dubletten – oder: Warum finde ich den gleichen Druck zweimal im Online-Katalog?
In den A/I-Bänden leistete man sich damals gewisse Inkonsequenzen, welche allerdings ihre Gründe hatten. Manchmal ist der Unterschied vom Sammeldruck (also mit Werken von mehreren Komponisten) zum Einzeldruck sehr klein gewesen, wie beispielsweise bei 1547|7, dort sind lediglich die zwei letzten von 17 Stücken von anderen Komponisten. Die erneute Aufnahme in A/I hatte durchaus seine Vorzüge, so konnten neue Fundorte mitgeteilt werden. Auch einige komplett unbekannte Sammeldrucke tauchten mit dem Verzeichnen weiterer Bibliotheken auf, die man nun unbedingt veröffentlichen wollte, handelte es sich doch um seltene Frühdrücke. So kommt es vor, dass so mancher Druck neben einer B/I-Nummer auch eine A/I-Nummer erhielt. Da die A/I-Bände auch in den Opac eingespielt wurden, entstanden einige Dubletten, die auf den gleichen Druck verweisen, aber teilweise einen stark unterschiedlichen Informationsstand abbilden. Zwar war bzw. ist oft im A/I-Eintrag ein Querverweis auf die B/I-Nummer zu finden, allerdings nicht andersherum. Außerdem arbeitet es sich mit zwei Einträgen recht unpraktisch und unübersichtlich.

Zurzeit bin ich dabei, diese Dubletten zusammenzuführen, dabei werden im Eintrag die genutzten Nummern beider Reihen erhalten bleiben. Ein bereits zusammengeführter Eintrag sieht z.B. so aus: G 268 and 1541|15.

Informationstiefe
Ein großer Vorteil des RISM Online-Katalog ist die Möglichkeit der ausführlichen Beschreibung der Sammeldrucke. Neben dem jetzt mitgeteilten diplomatischen Titel, sind auch Einzeleinträge der enthaltenen Werke erstellt worden, die allerdings noch einer ausführlichen Bearbeitung bedürfen. Es ist nun nicht nur wie im Band sichtbar, welcher Komponist wie viele Werke für den Sammeldruck beigesteuert hat, sondern auch welche Stücke.

Hilfreich können auch die Hinweise auf Literatur sein. Sei es nun der Hinweis auf eine bibliographische Studie, eine Faksimile-Ausgabe oder eine moderne Edition. Während im B/I-Band nur das Sigel der besitzenden Bibliothek und ein Hinweis auf überlieferte Stimmen zu finden war, ist es nun möglich genauere Angaben zu machen, wie Signaturen, Provenienzen oder die bereits erwähnten Links der Digitalisate.

Bislang sehr selten erfasst, aber immer stärker in den Fokus rückend, ist das Verzeichnen von Widmungsträgern oder anderen am Werk beteiligten Personen. Suchen Sie doch einfach mal nach Papst Leo X. Sie werden so einige B/I Einträge finden, da jener Papst Druckprivilegien erteilte und dies eben auch im Druck vermerkt ist.

Mitteilung neuer Informationen!
Mitteilungen zu Fehlern, neuen Exemplaren, weiteren Digitalisaten und ähnlichem sind höchst willkommen! Das gilt natürlich auch für Drucke der A/I-Reihe.

Sollten Sie also beispielsweise einen Petrucci-Druck auf ihrem Dachboden finden oder bei der nächsten Musikalienauktion abräumen, schreiben Sie uns! ;-)

Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Martin Bierwisch.

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Kategorie: Eigendarstellung


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