Ein kurzer Blick 300 Jahre zurück – Matthesons "Der brauchbare Virtuoso" von 1720
Monday, July 27, 2020
Dieses Jahr feiern nicht nur unzählige Komponisten ihr rundes Jubiläum, sondern auch Kompositionen. Als erstes denkt man bei Johann Mattheson vielleicht an seine in Hamburg erschienenen Schriften Der vollkommene Capellmeister (1739) oder der Grundlage einer Ehren-Pforte (1740). Doch es sei diesmal ein kleiner Blick auf die zwölf Sonaten geworfen, welche 1720 in Hamburg erschienen. Eigentlich waren die Sonaten bereits 1717 fertiggestellt, doch erschienen sie erst drei Jahre später.
Der RISM-Eintrag wurde bereits überarbeitet und mit Teileinträgen zu jeder Sonate inclusive Musikincipits versehen (RISM A/I: M 1400; MM 1400; RISM ID no. 990040091). Schauen Sie sich doch auch das Digitalisat des vollständig in Typen gesetzten Druck der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg an.
Sehr interessant ist neben den Sonaten selbst, natürlich auch die 14-seitige Vorrede auf die der Titel „Der Brauchbare Virtuoso“ hinweist, in dem Mattheson darauf eingeht, „was ein Virtuoso eigentlich sey, und wer sich solches Titels anzunehmen habe.“ (Prologus S.2). Das Musiker hin- und wieder gewisse Laster haben und diese auch Einfluss auf die Qualitäten des Musikers haben, war auch schon Mattheson bekannt. Besonders schädlich findet er übrigens „Fressen, Sauffen, Unverschämtheit, Toback-Gestank, Unhöfflichkeit, Unreinlichkeit, Gottlosigkeit“, um nur einige zu nennen. Gewidmet ist das Werk übrigens den Gebrüdern Dobbeler, die bereits bei Mattheson gelernt hatten bzw. unter seiner Leitung musizierten.
Mit Widmungen ging Mattheson aber auch einmal abstrakter um, und so sei noch kurz auf eine andere, noch etwas ältere (1713 übrigens gestochene) Sonate (RISM A/I: M 1396; MM 1396; RISM ID no. 990040087) hingewiesen. Sie besticht (Vorsicht Wortwitz) nicht nur durch ihr außergewöhnliches Format (sehen Sie am besten selbst), sondern auch durch ihre Widmung: „derjenigen Persohn gewidmet, DJE SJE AM BESTEN SPJELEN WJRD“. Damit sei der Wettbewerb eröffnet.
Wenn Sie mehr zu den zwölf Sonaten von 1720 erfahren möchten, sei Ihnen beispielsweise der Aufsatz von Jane Ambrose “Notations on Mattheson’s ‘Der Brauchbare Virtuoso’” in Bach: Journal of the Riemenschneider Bach Institute (1986; cited in RISM as AmbroseM 1986) empfohlen.
Wundern Sie sich übrigens nicht, wenn Sie Aufnahmen mit unterschiedlichen Instrumentierungen hören, Mattheson gibt die Wahl des begleitenden Instruments selbst frei. Hier beispielsweise in der Version mit Harpischord und Traversflöte:
Abbildung: Titelblatt vov Johann Mattheson Der brauchbare Virtuoso, Exemplar in Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg (CC BY-SA 4.0) RISM ID no. 990040091.
Share Tweet EmailKategorie: Jubiläen