Wiederaufführung nach 267 Jahren
Helmut Lauterwasser
Monday, April 25, 2022
Der folgende Beitrag stammt von Helmut Lauterwasser (RISM Deutschland):
Immer wieder kommen durch die Arbeit von RISM Musikwerke zum Vorschein, die über mehrere Jahrhunderte als verschollen galten. So auch das Oratorium Abraham und Isaac von Gottlob Harrer (1703-1755), dem direkten Nachfolger Johann Sebastian Bachs im Amt des Thomaskantors in Leipzig, das im Jahr 2018 bei der Katalogisierung der Musikhandschriften der Turmbibliothek in Nürtingen (D-NUEtb), die sich heute als Depositum im Landeskirchlichen Archiv in Stuttgart (D-Sla) befinden, gefunden wurde.
Ein besonderer Glücksfall ist es, wenn wiederentdeckte Musikquellen (RISM ID no. 1001036816) tatsächlich wieder zum Klingen gebracht werden, noch dazu wenn es sich, wie in diesem Fall, um ein abendfüllendes Werk handelt. 267 Jahre nach seiner Uraufführung bei den Leipziger Karfreitagsmusiken im Jahr 1755 wurde am 9. April 2022 in der Paul-Gerhardt-Kirche in Leipzig-Connewitz Harrers Oratorium vom Gellert-Ensemble unter der Leitung von Andreas Mitschke mit historischen Instrumenten erstmals wiederaufgeführt.
Christoph Koop unterzog sich der mühevollen Arbeit, aus der Nürtinger Partitur und dem Stimmensatz aus dem 18. Jahrhundert eine Partitur und Aufführungsmaterial zu erstellen, das heutigen Standards entspricht, und so die Aufführung überhaupt erst zu ermöglichen.
Das Leipziger Publikum konnte bei der Aufführung am Vorabend des Palmsonntags 2022 eindrucksvoll miterleben, welch tiefgreifenden Wandel die Leipziger Passionsmusiken nach Bachs Tod mit Harrers Passions-Oratorien erfuhren.
Abbildung: Gottlob Harrer, Abraham und Isaac, Schluss der Partitur, (D-NUEtb 254, RISM ID no. 1001036816). Mit freundlicher Genehmigung des Autors.
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