Eintrag Stift Lambach auf halbem Wege
Frank van der Lecq
Monday, July 20, 2015
Frank van der Lecq aus den Niederlanden beschreibt seine Katalogisierungsarbeiten des Stifts Lambach (A-LA) für RISM:
Der Eintrag in RISM der Musiksammlung des Oberösterreichischen Benediktinerstifts Lambach (A-LA) ist fast zur Hälfte abgeschlossen. Von der instrumentalen Musik und den Messen brauchen nur noch Einzelheiten ergänzt zu werden. Der Eintrag der kleineren Vokalwerke ist in vollem Gang. Der Abschluß des Projekts wird 2018 erwartet. Alle bisher eingegebenen Titel finden Sie hier.
Dass Frank van der Lecq aus der niederländischen Stadt Ütrecht dieses Projekt als Freiwilliger überhaupt in Angriff genommen hat, war ein bloßer Zufall. Van der Lecq, der beruflich die Texte des Ütrechter Bürgermeisters schreibt: “Im Jahr 2010 machten meine Freundin und ich eine Wanderung in der Heimat Anton Bruckners. Meine Absicht war, in den Musikarchiven Kremsmünsters und Lambachs Handschriften der Werke des Komponisten Ignaz Holzbauer zu erforschen.”
Der Lambacher Musikarchivar, Peter Deinhammer, erwies sich nicht nur als ein Mann mit dem man, bei einem guten Glas (österreichischen) Wein lange Zeit über Musik und das Leben philosophieren kann. “Wir redeten auch über die relative Unbekanntheit des Lambacher Musikarchivs, das, anders als sein Gegenstück in Kremsmünster, noch nicht in RISM entschlossen war. Es gab nur ein Katalog, von Gerda Lang in den siebziger Jahren verfaßt, teilweise auf Grund der Vorarbeiten ihres Schwiegervaters Prof. Hermann Lang. Von diesem Typoskript, eine Titanenarbeit, existieren nur ein paar Kopien.”
Van der Lecq ist kein Musikwissenschaftler, kennt sich aber aus in der Musikwelt des 18. Jahrhunderts. Nachdem er einige Monate nachgedacht hatte, entschloß er sich 2011, das Projekt in Angriff zu nehmen. Dazu mußte er zunächst die Einarbeitung in Kallisto und den Plaine & Easy Code noch meistern. Es hat insgesamt noch ein Jahr gedauert, aber Juni 2012 fing er tatsächlich an.
“Grundlage meiner Arbeit sind die Fotos, die ich jeden Sommer im Archiv mache. Dazu gehe ich jährlich eine Woche auf Logierbesuch ins Stift Lambach, wo ich dann 500 Handschriften fotografiere. Das ist ein Jahresquantum, das sich kombinieren lässt mit meiner Berufsarbeit. Der Eintrag verläuft anhand Gerda Langs Katalog. Weitere Informationsquelle ist die Faksimile-Ausgabe des Lambacher Thematischen Katalogs (1768), herausgegeben von Charles H. Sherman. Trotzdem gibt es immer wieder Probleme, deren Lösung dann wieder ein Jahr warten muss. Und mittlerweile lerne ich jeden Tag etwas neues hinzu.”
Manchmal fragt Van der Lecq sich warum er sich je auf dieses Projekt eingelassen hat. “Um ein bisschen Schwung zu halten, sollte ich pro Monat im Durchschnitt 70 Handschriften eintragen. Das kostet mehrere Abende pro Woche. Eine Konzequenz ist auch, das wir unseren Urlaub niemals zu weit von Österreich verbringen können. Aber das ist keine Strafe.”
Archivar Deinhammer ist vor allem stolz auf die Lambacher Handschrift von Mozarts ‘Alter Lambacher Sinfonie’ (RISM ID no. 603000262) und auf die große Sammlung von Werken der Komponisten, die in Lambach gewirkt haben: Balthasar Hochreither, Joseph Tischer, Anton Obermayr und Stanislaus Reidinger. Aber auch Michael Haydn ist in Lambach reichlich vertreten. Van der Lecq: “Das letzte Jahr meiner Arbeit wird fast nur aus dem Eingeben seiner Vokalwerke bestehen. Was mich aber vor allem beeindruckt, ist die phänomenale Sammelwut des Abtes Amandus Schickmayr (1716-1794). Beim Abschluß des Projektes können wir genau feststellen wieviele Handschriften seine Initiale ‘A.A.L.’ tragen. Es müssen Hunderte sein.”
Von Peter Deinhammer kommen immer mehr Berichte, dass das Interesse im Lambacher Musikarchiv (2.500 Handschriften, Periode 1700-1850) seit dem Eintrag in RISM wächst und neue Kontakte entstehen. Deinhammer, außer Archivar auch Musiker, Musikdozent, Musikwissenschaftler, Musikveranstalter, Schmied und Vorstand des Lambacher Bildungshauses ProDiagonal, hofft dass die RISM-Bestandsaufnahme der Anfang von weiterer Forschung der Lambacher Musikpraxis werden kann - von ihm selbst und von Musikwissenschaftlern in der ganzen Welt.
Foto: Frank van der Lecq bei der Arbeit (mit freundlicher Genehmigung des Autors).
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