Die Gesellschaft für Musikforschung unterstützt die Bewahrung ukrainischer Kulturgüter
Monday, January 22, 2024
Angesichts der verheerenden russischen Angriffe auf nationale ukrainische Kulturgüter wie historische Kirchenbauten, Theaterhäuser, Kulturzentren, Museen, Bibliotheken und Archive, die nunmehr seit fast zwei Jahren andauern und immer noch kein Ende finden, ist es äußerst dringlich, ukrainische Kulturgüter vor der totalen Vernichtung zu bewahren und beschädigtes Kulturgut zu retten. Das RISM möchte in diesem Zusammenhang auf folgende Mitteilung der Gesellschaft für Musikforschung aufmerksam machen:
“The German Musicological Society (GfM) wants to support Ukraine in protecting and preserving its cultural heritage. The GfM aims to help Ukrainian music archives, music libraries and similar institutions in an unbureaucratic way in 2024. The GfM will offer technical support such as book scanners, dehumidifiers or power generators, as well as means for employing staff for digitizing the archival material (manuscripts, rare prints, etc.).
For more information contact GfM.”
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Drei Beispiele aus Kyjiv und aus Lemberg sollen an dieser Stelle verdeutlichen, inwiefern die ukrainischen Kulturgüter, insbesondere aber das musikalische Erbe des Landes nicht nur von nationaler, sondern auch von internationaler Bedeutung sind.
Die Musikbibliothek des Chors der Theologischen Akademie in Kyjiv beinhaltet eine Reihe von Musikwerken Dmytro Stepanovyč Bortnjansʹkyjs. Der Komponist ukrainisch-lemkischer Herkunft ist mit seinen geistlichen Chorwerken auch in Deutschland hochgeschätzt. Das RISM verzeichnet in seiner Datenbank 233 Werke Bortnjansʹkyjs aus vielen Bibliotheken der Welt. Einzelne Werke haben international einen sehr hohen Bekanntheitsgrad erlangt. Hiervon sei nur “Ich bete an die Macht der Liebe” oder “The Angel Greeted the Gracious One” erwähnt. Unsere Kollegin Ljudmyla Rudenko, Mitarbeiterin der Musikabteilung an der Ukrainischen Nationalbibliothek in Kyjiv (UA-Knbuv) hat bereits mehrfach über den Bestand der Theologischen Akademie gearbeitet und publiziert.
In Lemberg ist die Stefanyk-Bibliothek (UA-LVs) von herausgehobener Bedeutung mit ihren dort verbliebenen Musikbeständen der Ossoliński-Sammlung, die in großen Teilen nach dem Zweiten Weltkrieg im Zuge der Vertreibung der polnischen Einwohnerinnen und Einwohner Lembergs nach Breslau gebracht wurde (Nationales Ossoliński-Institut: PL-WRzno). Teilbestände aus beiden Bibliotheken wurden bereits für das RISM dokumentiert. Während die Zusammenarbeit mit der Stefanyk-Bibliothek aufgrund des Krieges ruht, haben polnische Kolleginnen und Kollegen vor einem halben Jahr begonnen, den Bestand in Breslau intensiv zu katalogisieren.
Eine weitere Besonderheit aus Lemberg stellt eine Lautentabulatur aus der Bibliothek der Ivan-Franko-Universität (UA-LVu) dar, die vor wenigen Jahren von unserer Kollegin Sofyja Holub katalogisiert wurde. Die Lautentabulatur von polnischer Provenienz ist ein Unikat mit Musik für sechs- und siebensaitige Laute. Sie datiert auf den Zeitraum 1555-1592. Das RISM berichtete darüber.
Viele weitere Musikalienbestände in der Ukraine harren noch der Erschließung. Vor allem die Musikstadt Odessa wird in Zukunft sicherlich ein weiterer Anlaufpunkt sein.
Wir wünschen der Gesellschaft für Musikforschung viel Erfolg bei diesem Projekt für die Ukraine und hoffen sehr, dass der Krieg gegen die Ukraine schnell endet, damit wir alle wieder zu unserer Arbeit zurückkehren können, um das musikalische Erbe unserer Länder weiter gemeinsam zu tradieren.
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