Romantische Satire - "Mit Musik."
Charlotte Köhler
Thursday, September 6, 2018
Ein Beitrag unserer Praktikantin Charlotte Köhler:
Die ersten Denker der Romantik, besonders die Jenaer Gruppe um die Brüder August Wilhelm (1767-1845) und Friedrich Schlegel (1772-1829), entwickelten Ende des 18. Jahrhunderts die Idee einer “Universalpoesie”, also einer Kunst ohne Gattungsgrenzen, die sich im ständigen Wechselspiel verschiedener Impulse stets weiterentwickelt. Die Frühromantiker vermischten nicht nur gern verschiedene literarische Gattungen miteinander, sondern diese auch mit Musik und bildender Kunst.
Ein schönes Beispiel ist das Bändchen “Ehrenpforte und Triumphbogen” (RISM ID no. 1001045150). Ende 1800 anonym erschienen, fand die Spottschrift aus der Feder August Wilhelm Schlegels rasche Verbreitung.
Die Texte sind eine gnadenlose, aber äußerst kunstvolle Satire gegen Person und Werk des damals sehr populären Theaterdichters August von Kotzebue (1761-1819). Diesen findet man übrigens auch bei RISM, da viele seiner Bühnenwerke – auch von namhaften Komponisten – vertont wurden.
Schlegels Satire besteht aus Verstexten verschiedener Art und einem Drama in zwei Aufzügen. Als krönenden Abschluss enthält der Band eine Seite mit Noten: Ganz im Sinne der Universalpoesie werden zwei der Gedichte (“Festgesang” und “Ode”) mit Melodie und Begleitung versehen und so aus dem literarischen ins musikalische Feld weiterentwickelt. Einen klingenden Eindruck des “Festgesangs” gibt es hier (Die Musik beginnt ab 1:45):
Auch wenn z.B. die Briefe belegen, dass der Schlegelsche Haushalt über ein „Clavier“ verfügte, ist über eine musikalische Betätigung oder weitere Kompositionen August Wilhelm Schlegels bisher nichts bekannt. Die Anlage der Stücke ist musikalisch und harmonisch eher einfach, unterstreicht dafür aber umso pointierter den Text. Dieser Zusammenhang lässt es möglich erscheinen, dass der Autor, Übersetzer und Wissenschaftler hier – der kompromisslosen Umsetzung der romantischen Idee verpflichtet – zum Gelegenheits-Komponisten geworden ist. Wer weiß mehr? Hinweise aller Art sind herzlich willkommen!
Abbildung: Titelblatt des Exemplars im Goethehaus, Frankfurt am Main (D-Ff) Signatur IX K 90 / S 1. Foto von Charlotte Köhler mit freundlicher Genehmigung des Freien Deutschen Hochstift.
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