Amélie-Julie Candeille zum 250. Geburtstag

Monday, July 31, 2017

Wunderkind, Sängerin, Schauspielerin, Komponistin, Librettistin, Harfenistin, Pianistin, Dramatikerin, Komödiantin oder einfach universell … nur wenige Personen der RISM-Datenbank können so viele Funktionen beanspruchen. Amélie-Julie Candeille (1767-1834) wurde heute vor 250 Jahren geboren, feierte viele Erfolge im Pariser Musikleben und war eine der erfolgreichsten Komponistinnen zum Zeitpunkt der Französischen Revolution.

Amélie-Julie Candeille erhielt ihre musikalische Ausbildung vom Vater, ebenfalls ein Komponist. Im Alter von 13 Jahren wurde Candeille als Wunderkind gepriesen und sowohl trat öffentlich als auch vor dem König als Sängerin, Pianistin und Harfenistin auf. Innerhalb von wenigen Jahren spielte sie die Hauptrollen in der Opéra und debütierte mit ihrem Klavierkonzert im Konzertsaal. Ihre Karriere setzte 1785 sich als Schauspielerin und Dramatikerin an der Comédie Française fort und kulminierte mit ihren Erfolgen am Théâtre de la République.

Am Théâtre de la République fand Candeilles Komödie Catherine ou La belle fermière (1792) großen Beifall. Diese comédie en prose, mêlée de chant war so etwas wie eine Ein-Frau-Show der Komponistin, die die Texte schrieb, sang und die Rolle der Catherine verkörperte, während sie sich selbst auf dem Klavier oder der Harfe begleitete. Habe ich erwähnt, dass die hauptfigur der Oper eine Schriftstellerin und Komponistin ist, die singt und Harfe spielt, um durch schweirige Zeiten zu kommen? Nach Larousses Grand dictionnaire universel du XIXe siècle (1867), erfolgte die Aufführung zwar “sous le veile de l’anonyme”, aber die biographischen Parallelen blieben dem zeitgenössischen Publikum nicht verborgen.

Catherine war besonders beliebt in Paris und im Ausland (wurde in Amsterdam unter dem Titel Catherine, of De schoone pachtster aufgeführt) und wurde zu Candeilles Lebzeiten oft wiederholt (siehe Abbildung oben aus dem Jahr 1818, in dem Rose Dupuis die Titelrolle übernahm). Die Oper fand eine weite Verbreitung im Druck, wie die Quellen im RISM Online-Katalog belegen: knapp die Hälfte der 23 Einträge zu Candeille sind Ausschnitte aus dieser Oper.

Wie für eine Komponistin, deren Karriere in Paris stattfand, zu erwarten, befinden sich etwa ein Drittel der RISM-Quellen zu Candeille in der Bibliothèque nationale de France (F-Pn). Gallica bietet sieben Partituren in digitaler Form und somit einen guten Überblick zu Candeilles Oeuvre: drei Ausschnitte aus Catherine, Musik zu La jeune hôtesse, Klaviersonaten (eine davon ist Hélène de Montgeroult gewidmet) undKlavierkonzert. Die Links zu den Gallica-Digitalisaten wurden in den RISM-Datensätzen ergänzt und sind mit dem nächsten Update des Online-Katalogs sichtbar.

Literatur:

Barbara Garvey Jackson, “Say can you deny me”. A guide to surviving music by women from the 16th through the 18th centuries (Fayetteville: The University of Arkansas Press, 1994).

Anja Herold, “Candeille, Amélie-Julie,” Sophie Drinker Institut.

Julian Rushton, et al. “Candeille, Julie.” Grove Music Online. Oxford Music Online. Oxford University Press.

Abbildung: Rose Dupuis in der Rolle der Catherine in Catherine ou La belle fermière von Julie Candeille. Illustration von Atelier Maleuvre, Paris, 1818. Via Gallica (Bibliothèque nationale de France).

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Kategorie: Jubiläen


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