Bach 330: Das Manuskript des Brandenburgischen Konzerts in der Library of Congress

Thursday, March 19, 2015

Am Samstag ist Johann Sebastian Bachs 330. Geburtstag! Viel Spaß beim Lesen des Artikels von Daniel Boomhower (er ist auch ein Mitglied des RISM Coordinating Committee) über ein Bach-Manuskript in der Library of Congress. Der Beitrag erschien im In the Muse-blog der Bibliothek.

Im Mai 1723 hat Johann Sebastian Bach, im Anschluss an seine Ernennung als Kantor der Thomasschule und Musikdirektor in Leipzig, eine Periode kreativer Tätigkeit mit schwankenden Produktivität begonnen. In Erfüllung seiner Amtspflichten geistliche Musik für die Hauptkirchen Leipzigs zur Verfügung zu stellen, hat Bach drei Jahre lang – eventuell auch länger - jede Woche eine neue Kantate komponiert. In einigen Fällen hat er Kantaten, die er zu früheren Zeitpunkten seiner Karriere komponiert hatte, wieder verwendet, aber im Großen und Ganzen hat Bach zwischen 1723 und 1729 wöchentlich eine neue Komposition von etwa 25 Minuten Länge geschrieben, ganz zu schweigen von der zusätzlichen Dienstmusik, einschließlich des Sanctus in D (BWV 232III), dem Magnificat (BWV 243), der Matthäus-Passion (BWV 244) und der Johannes-Passion (BWV 245).

Interessanterweise hat Bach, um diese Herkulesaufgabe zu bewältigen, nicht nur Kantaten, die er zuvor geschrieben hatte, sondern auch auf seine Instrumentalkompositionen für musikalisches Material seiner neuen Kompositionen zurück gegriffen. Ein gutes Beispiel findet sich dafür in einer Hochzeitskantate von etwa 1729, die fragmentarisch in Herr Gott, Beherrscher aller Dinge (BWV 120) erhalten blieb. Hier wurde das Prelude der Partita in E-Dur für Violine solo (BWV 1006) als instrumentale Sinfonia für Streicher, zwei Oboen, Orgel und Continuo arrangiert. Die gleiche Musik wurde dann weiter für eine Kantate für die Stadtratswahlen von 1731 Wir danken dir, Gott, wir danken dir (BWV 29) verwendet. Die Musik des eröffnenden Chors dieser Kantate wurde in verschiedener Gestalt in früheren und späteren Kompositionen verwendet und erreichte beim Publikum des 19. und 20. Jahrhunderts größten Beifall als „Gratias agimus tibi” und “Dona Nobis pacem” aus der h-Moll Messe (BWV 232).

Bach hat also seine Musik auf viele Weisen und bei vielen Gelegenheiten wiederverwendet. Für seine Kantaten griff er insbesondere auf ältere Konzertsätze für den Wiedergebrauch als instrumentale Einleitung zurück. Von der kleinen Zahl von Manuskripten J. S. Bachs an der Library of Congress, enthält eine ziemlich anspruchslose Violastimme der Kantate Ich liebe den Höchsten von ganzem Gemüthe (BWV 174) eine entzückende Überraschung. In dieser Kantate für den Pfingstmontag, zuerst aufgeführt am 6. Juni 1729, hat sich Bach auf die Musik eines Konzertes aus seiner Weimarer oder Köthenener Zeit gestützt, das als das dritte seiner sechs Konzerten diente, die er dem Markgrafen von Brandenburg 1721 widmete. Wie in den meisten Fällen, in denen Bach auf zuvor vorhandene Musik zurückgriff, nahm er deutliche Änderungen an diesem Konzertsatz vor. Er komponierte zwei neue Hornstimmen und fügte einen Chor aus Oboen und Streichern hinzu, die einer Solo-Gruppe von drei Geigen, drei Bratschen und drei Celli gegenübergestellt werden. Die Bratschenstimme in der Library of Congress (bezeichnet mit “Viola. 2. Concertato”) datiert von der Originalaufführung dieser Kantate aus dem Jahr 1729 und ist das Ergebnis von zwei Kopisten, die unter Bachs Überwachung arbeiteten. Sie enthält auch eine Ergänzung in der Hand J. S. Bachs: das Wort “Concertato” wurde in der Überschrift dieser Stimme hinzugefügt im Gegensatz zu anderen Steicherstimmen, die in vielen anderen Sammlungen in den Vereinigten Staaten und Deutschland erhalten geblieben sind.

Abbildung: Originalmanuskript der 2. Violastimme von J. S. Bachs Kantate “Ich liebe den Höchsten von ganzem Gemüte” BWV 174, aus dem Jahr 1729.

Einträge zu dieser Kantate können Sie im RISM Online-Katalog finden.

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Kategorie: Jubiläen


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