Verlorene und wiedergefundene Musikschätze
Caroline Shaw
Thursday, May 24, 2018
Der folgende Beitrag erschien zuerst im Music Blog der British Library unter dem Copyright des British Library Board und wird hier mit der Creative Commons Attribution Licence wiedergegeben.
Die Katalogisierung von Musik in der British Library hatte eine eher zaghaften Anfang. In den ersten Jahren als die Bibliothek noch Teil des British Museum war, gab es keine separate Musikabteilung. Noten, die nur sporadisch ins Museum eingingen, galten als Problem: Es war schwierig sie wie Bücher zu katalogisieren (das gilt auch heute noch), sie sind schwer zu lagern (trifft heute auch noch zu) und wurden, da Musik noch nicht als geeignetes Fach für akademische Studien galt, nicht besonders wertgeschätzt.
Ab den 1820er Jahren gewann das Studium der Musik an Bedeutung und die Benutzer der Museumsbibliothek begannen sich über den fehlenden Zugang zu Musik in der Sammlung zu beklagen. Im Februar 1838 brachte ein Artikel in der Zeitschrift Musical World ihre Frustration zum Ausdruck:
“Treasures there are: but the individual in search of them is in the situation of Tantalus, hearing the gurgling, ever-living springs, but doomed never to slake his thirst. Your attendant affirms that there are piles, folios, sheets innumerable of music: but they are admitted to the bewildered enquirer to be in the most admired confusion.” (Zitiert in Alec Hyatt King, A wealth of music (1979), S. 29).
Auf Geheiß von Anthony Panizzi, dem “Hüter” der gedruckten Bücher, wurde 1841 vom Chefbibliothekar Henry Ellis ein Bericht über die Musiksammlungen für die Kuratoren vorbereitet. Es wurde beschlossen, einen separaten Musikkatalog zu erstellen, sowohl für die Drucke als auch für die Handschriften. Panizzi erarbeitete einen Plan mit acht Regeln, die von den zeitweiligen Katalogisierern befolgt werden sollten (ein faszinierender kleinerer Verwandter der berühmten 91 Regeln, die im selben Jahr veröffentlicht wurden und von großer Bedeutung für die zukünftige Entwicklung der Musikkatalogisierung waren). Der erfolgreichste Kandidat für diesen Job war Thomas Oliphant, der bis 1850, trotz eines unfreundlichen Arbeitsverhältnisses mit Panizzi, und trotz anfänglicher Missbilligung seiner Ernennung von einigen Zeitgenossen, für die gedruckten Musiksammlungen verantwortlich blieb; die Musical World beschreibt ihn als “amateur” und ein Autor des The Musical Examiner bezeichnet ihn als “Mr Elephant”!
Die Musikalien wurden physisch vom Rest der Sammlung getrennt und die Katalogisierung begann. Oliphant trennte die Sammlung in zwei Abteilungen: Vokalmusik und Instrumentalmusik. Der Vokalmusik hat er Signaturen, die mit Großbuchstaben beginnen, und der Instrumentalmusik, Signaturen beginnend mit Kleinbuchstaben, zugewiesen. Der Buchstabe zeigt die Höhe eines Bandes an, wobei “A” das kleinste und “I” das größte ist.
Es gibt bis zu fünf Komponenten in einer Signatur: ein Buchstabe, eine Ziffer, ein Buchstabe, eine Ziffer und oft eine Nummer in Klammern. Beispielsweise bedeutet H.5.g.3.(4.) eine Veröffentlichung von Vokalmusik in der Höhenreihenfolge “H”, im fünften Schrank dieser Sequenz, im Regal “g”, im dritten Band innerhalb des Regals und den vierten gebundenen Gegenstand in diesem Band betreffend.
Dieses System hat seine originalen Fächer und Schränke überlebt und ist im wesentlichen noch heute in Gebrauch (Vokal- / Instrumentaltrennung, Höhe, sequentielle Zuordnung von Buchstabe / Nummer und Bandnummer oder gebundene Teilnummer). Es ist in unser Bibliotheksverwaltungssystem integriert, das dahingehend “optimiert” wurde, um die Groß- / Kleinschreibung bei Musik-Signaturen zu berücksichtigen. Dies hat aufgrund der unendlichen Anzahl von Möglichkeiten, die zu Oliphants Sequenzen hinzugefügt werden können, lange gedauert und es hat der Bibliothek zu einer optimalen Platznutzung geholfen, da die Objekte der Größe nach zusammenstellt sind.
Bis 1850 hatte Oliphant eigenhändig Kataloge der handschriftlichen und gedruckten Musikalien vorbereitet. Der Katalog der Musikdrucke umfasst allein 27 Bände. Während seiner Zeit im Museum muss Oliphant 24.000 Titel persönlich katalogisiert haben! Katalogisierungsregeln und Bibliothekssysteme haben sich seither stark verändert, aber die Bibliotheks- und Katalogbenutzer von heute sind dem Einfallsreichtum und der Energie dieser frühen Mitarbeiter der British Library verpflichtet.
Caroline Shaw, Music Processing and Cataloguing Team Manager
- Mai 2017
Basierend auf einer Präsentation von James Clements (2004) mit Informationen aus: Alec Hyatt King, Printed music in the British Museum (London, 1979). YA.1997.a.10519
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