Zwei RISM-Sitzungen bei der MedRen 2023
Tuesday, July 18, 2023
Im Bereich der Musikwissenschaft ist die Internationale Konferenz zur Musik des Mittelalters und der Renaissance, die jedes Jahr an einem anderen Ort stattfindet, seit langem die größte jährliche Konferenz in Europa. Die Konferenz kehrt nach Deutschland zurück, nachdem sie zuletzt vor zwanzig Jahren, im Jahr 2003, in Jena stattgefunden hat. MedRen 2023 findet vom 24. bis 28. Juli in München statt. Das Programm ist gewohnt reichhaltig, so dass wir auf zwei Veranstaltungen hinweisen möchten, die für RISM von besonderem Interesse sind.
Am Donnerstag, den 27. Juli um 9.00 Uhr findet eine thematische Sitzung mit dem Titel “Finding musical sources before 1600: RISM, Handschriftenportal, Cantus et al.” statt, die sich mit der Suche nach musikalischen Quellen des Mittelalters und der Renaissance in Online-Datenbanken beschäftigt. Während sich die RISM-Datenbank seit langem als erste Anlaufstelle für einen Großteil des Repertoires nach 1600 etabliert hat, steht der MedRen-Community für Quellen vor dieser Zeit ein Flickenteppich verschiedener Datenbanken zur Verfügung, die oft unterschiedliche Katalogisierungsstandards anwenden, die unterschiedliche Forschungsinteressen widerspiegeln.
Unter dem Vorsitz von Balázs Mikusi (RISM-Zentralredaktion) werden in drei Vortragspaaren die Probleme der gegenwärtigen Situation aufgezeigt und mögliche Verbesserungen erörtert, um den Bedürfnissen der Forschungsgemeinschaft besser gerecht zu werden. Im ersten Vortragspaar werden Nicole Schwindt (Staatliche Hochschule für Musik Trossingen & RISM Deutschland) und Nicholas Bleisch (Katholieke Universiteit Leuven) verschiedene Desiderate in Bezug auf das Volkslied formulieren, indem sie sowohl Repertoires identifizieren, für die keine geeigneten Forschungsinstrumente verfügbar zu sein scheinen, als auch auf andere Bereiche aufmerksam machen, in denen man sich auf mehrere Instrumente verlassen muss, die jedoch manchmal widersprüchliche Informationen liefern.
Das zweite Vortragspaar befasst sich mit zwei zentralen Problemen, die bei der Recherche in Cantus planus-Datenbanken auftreten: Erstens, wie die scheinbar beeindruckende Fülle von Online-Suchmöglichkeiten über die eher lückenhafte Abdeckung der zugrunde liegenden Datenbanken sowie deren problematische Präsentation und Anordnung der Daten hinwegtäuschen kann (Irene Holzer, Ludwig-Maximilians-Universität München), und zweitens, wie die High-Tech-Oberfläche der Suchoberflächen dem Nutzer vorgaukeln kann, auch die wissenschaftlichen Kommentare seien sozusagen auf dem neuesten Stand, obwohl sie oft sklavisch aus alten und in der Tat veralteten Printpublikationen übernommen wurden. Abschließend werden wir über die neuesten Entwicklungen in zwei wichtigen Projekten informiert: Carolin Schreiber (Staatsbibliothek zu Berlin) wird die wesentlichen Ziele des Handschriftenportals erläutern und aufzeigen, wie kommende Neuerungen die Nutzbarkeit speziell für Musikwissenschaftlerinnen und Musikwissenschaftler verbessern werden, während Laurent Pugin und Andrew Hankinson (RISM Digital Center Bern) demonstrieren, wie RISM Online durch die Integration von DIAMM und der Cantus-Datenbank seinen Nutzerinnen und Nutzern relevante Treffer über den RISM-Kerndatenbestand hinaus anbieten kann.
Die sechs Vorträge werden zweifellos zahlreiche Fragen aufwerfen und damit den Anstoß für die nächste Veranstaltung geben, die direkt im Anschluss um 11 Uhr stattfinden wird. Unter dem Vorsitz von Klaus Pietschmann (Johannes Gutenberg-Universität Mainz & Präsident des RISM) und unter Mitwirkung von Nicole Schwindt, die bereits an der vorangegangenen Sitzung teilgenommen hat, wird in diesem Rundtischgespräch versucht, die Schwierigkeiten bei der “Suche nach musikalischen Quellen vor 1600” durch die Einbeziehung eines größeren Kreises von Experten zu vertiefen: Thomas Schmidt (University of Manchester), Manuel Pedro Ferreira (Universidade Nova de Lisboa), Konstantin Voigt (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg), Claudia Fabian (Bayerische Staatsbibliothek München) und Debra Lacoste (University of Waterloo).
Wir hoffen, dass diese Gespräche fruchtbar sein werden und dass RISM bald in der Lage sein wird, seine Abdeckung von Quellen aus der Zeit vor 1600 zu erweitern, indem es sich einem größeren Netzwerk von Partnern anschließt, die auf diese frühen Repertorien spezialisiert sind.
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