RISM beim III Encuentro de Archivos Sonoros y Musicales de Chile
Monday, April 23, 2018
Aus Anlass des III Encuentro de Archivos Sonoros y Musicales de Chile (5. - 16. März 2018) hatte ich (Klaus Keil) Gelegenheit, RISM und seine Datenbank der musikalischen Quellen vorzustellen. Der Besuch fand auf Einladung der Biblioteca nacional de Chile statt.
Während der Tagung fanden tagsüber Kurse zur Einarbeitung von Musikbibliothekaren, die sowohl aus Musikabteilungen als auch aus Schallarchiven kamen, in Katalogisierungsregeln statt. Abends folgten dann Fachreferate, zu denen auch mein Vortrag über RISM gezählt wurde.
Die Nationalbibliothek in Santiago de Chile verfügt über eine der ältesten Quellen in Chile, das sog. handschriftlich überlieferte “Libro sesto”, das auch im RISM Online-Katalog (RISM ID no. 390000001) dokumentiert ist und Gegenstand mehrerer Beiträge während des Treffens war.
Das Libro sesto hat eine interessante Geschichte. Es wurde von einer Sklavin mit Namen Maria Antonia Palacios angelegt, die bei ihrer Herrschaft für die Musik, im Gottesdienst auf der Orgel und im häuslichen Bereich auf dem Klavier, zuständig war. Es trägt das Datum 1783 von der Hand der Schreiberin und enthält 91 Werke, ein großer Teil davon ohne Komponistenangabe. Dass ein großer Teil der Werke, bei denen der Name des Komponisten genannt ist, von Spaniern oder Portugiesen stammt, mag nicht weiter überraschen. Es gibt darunter aber auch einen Sonatensatz von Joseph Haydn (1732-1809), Werke von dem Franzosen Ignace Pleyel (1757-1831), einen Sonatensatz von dem Italiener Giambattista Grazioli (1746-ca. 1820) und – wie wir jetzt durch den freundlichen Hinweis eines RISM-Nutzers wissen – vier Sonatensätze von Johann Christian Bach (1735-1782), der in Leipzig geboren wurde, aber den größten Teil seines Lebens in London verbrachte. Damit erweist sich das Libro sesto als eine Quelle, die zeigt, wie international der Musikgeschmack – wenigstens dieser Familie – in Chile am Ende des 18. Jahrhunderts war. Ich konnte deutlich machen, wie wichtig eine detaillierte Katalogisierung ist und dass bei alten Musikquellen ein Musikincipit nicht fehlen darf. Schade, dass die vorausgehenden fünf Bände nicht erhalten sind.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Klaus Keil.
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