Privatsammlungen und -bibliotheken

Thursday, May 15, 2025

Heute möchten wir mit dem ersten Teil einer mehrteiligen News beginnen und Ihnen das Thema Privatsammlungen bzw. -bibliotheken näherbringen. Aktuell verzeichnet das RISM 9.122 Bibliothekssigel (Stand: 13.05.2025). Davon sind 637 Sigel als Standortnachweise für Privatsammlungen bzw. -bibliotheken angelegt worden, also etwas mehr als 7 % des gesamten Sigelbestandes. Zwei bis drei Dutzend Adelsbibliotheken können noch hinzugerechnet werden, so dass man auf eine ungefähre Anzahl von 670 kommt. In der Regel ist der Nachname des Besitzers oder der Besitzerin Bestandteil des Sigels neben Land und Ort. Häufig werden die Termini Sammlung und Bibliothek synonym verwendet. Ihre Problematik ist dabei ihre häufig befristete Existenz.

Teil 1: Aufbau und Auflösung privater Sammlungen

In der folgenden News möchten wir zwei Privatsammlungen vorstellen, die widerspiegeln, wie private Sammlungen und Bibliotheken im Aufbau begriffen sind, solange ihre Besitzer:innen aktiv ihre Bestände pflegen und ausbauen. Aber wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt z. B. aus ökonomischen Gründen, auch als staatliche Zwangsmaßnahme veräußert werden müssen oder nach dem Tode der Besitzer:innen zum Verkauf stehen, kann ihr Zusammenhang nicht mehr aufrechterhalten werden. Teile daraus finden dann Eingang in andere private Sammlungen, die ihrerseits im Aufbau begriffen sind und in einem späteren Jahrzehnt selbst wieder veräußert werden, wenn Erben und Neubesitzer den Gesamtbestand nicht erhalten können oder wollen. Das Wesen vieler privater Sammlungen und Bibliotheken im zeitlichen Ablauf ist ihr Aufbau und ihre spätere Auflösung.

In unserem ersten Beispiel beschreibt der Besitzer Martin Bierwisch in eigenen Worten, wie seine noch junge Sammlung im Wachsen begriffen ist, welchem Zweck sie dient und was die Sammelziele sind. Dabei klingt an, dass die Entwicklung der Sammlung durchaus offen ist.

D-Hbierwisch (Privatsammlung Martin Bierwisch, RISM Catalog | RISM Online):

“Der Schwerpunkt der Sammlung liegt auf Musikdrucken des 19. Jahrhunderts, es sind aber auch einige Drucke aus dem 18. Jahrhundert vorhanden, der älteste Druck stammt aus dem Jahr 1751 (RISM ID no. 990002906 - RISM Catalog | RISM Online). Handschriften werden in der Regel nicht gesammelt. Sie sind aber gelegentlich in Sammelbänden mit eingebunden. Es sind aktuell ca. 200 Quellen verzeichnet, die Sammlung ist allerdings größer. In Zukunft sollen noch mehr der vorhandenen Drucke über Muscat erfasst werden. Gelegentliche Neuerwerbungen sind dabei weniger vom Interesse an einzelnen Komponist:innen geleitet, sondern richten sich mehr nach Regionen und Verlagen aus. Dieses Interesse geht Hand in Hand mit den musikwissenschaftlichen Arbeitsschwerpunkten. Bisher lag der Fokus auf Drucken aus der Mittelrheinregion (André, Schott usw.) und London. Die Sammlung ist kürzlich nach Hamburg umgezogen und steht Interessierten Forscher:innen offen.”

Das zweite Beispiel D-ESrheinfurth (Privatbibliothek Dr. Hans Rheinfurth, RISM Catalog | RISM Online) beschreibt die aktuelle Situation der Sammlung unseres leider im Jahre 2023 verstorbenen Kollegen. Sie steht nun in Teilen beim Musikantiquariat Wolfgang Stöger mit einer Auswahl von 75 Stück zum Verkauf. Die Sammlung von ca. 1.400 Notendrucken wird somit in absehbarer Zeit ihren Zusammenhang verlieren. Leider wurde Herr Rheinfurths Sammlung in der Vergangenheit nicht beim RISM dokumentiert, bis auf eine einzige Quelle. Doch immerhin wird die Dokumentation der Sammlung durch den Antiquar auch in der Zukunft noch ein Bild von einem organisch gewachsenen Bestand vermitteln können. Die Sammeltätigkeit Herrn Rheinfurths konzentrierte sich auf tagesaktuelle Drucke deutscher Verlage des frühen 19. Jahrhunderts. Darunter befinden sich einige Rara und Unikate. Für Titel der Verlage Gombart, Hofmeister und Böhme sind in 2025/26 Kataloge geplant.

In wenigen Wochen möchten wir im zweiten Teil über Privatbibliotheken auf Bestände eingehen, die eine lange Kontinuität aufweisen, oder noch relativ jung im Bestand einen sicheren Hafen in einer Institution gefunden haben. Darüber hinaus sollen auch die Umzüge privater Haushalte samt ihrer Sammlungen thematisiert werden.

Abbildung: Musikdrucke aus der Privatsammlung Martin Bierwisch (mit freundlicher Genehmigung).

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Kategorie: Eigendarstellung


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