Jean Sibelius zum 150.
Tuesday, December 8, 2015
“Wir können sagen, dass Jean Sibelius einer der brilliantesten Tondichter der Gegenwart ist.”
-Erik Furuhjelm, 1916
“Sibelius, der schlechteste Komponist der Welt”
-René Leibowitz 1955
(Zitate von der Seite des Finnischen Clubs Helsinki)
Für Viele dürfte Jean Sibelius (1865-1957) der einzige finnische Komponist sein, den sie auf Anhieb nennen können. Die nicht ganz unproblematische Rezeptionsgeschichte dürfte ihren Teil dazu beigetragen haben, dass das Spektrum von überzeugten Anhängern bis hin zu erbitterten Gegnern reicht – und eine Reihe von Zuhörern, die nur schwer Zugang zu seiner Musik finden. Der 150. Geburtstag von Jean Sibelius ist ein willkommener Anlass, Finnlands “Nationalkomponisten” neu zu entdecken. Doch wo beginnt man aus Sicht der Quellenforschung?
Größere Sammlungen findet man im Sibelius Museum in Turku (schwedisch Åbo; FIN-A), und der Finnischen Nationalbibliothek in Helsinki (Universitätsbibliothek; FIN-Hy), deren Sibelius-Quellen in einem Katalog recherchierbar sind (Kari Kilpeläinen, The Jean Sibelius Musical Manuscripts at Helsinki University Library: A Complete Catalogue [Wiesbaden: Breitkopf & Härtel, 1991]). Auch die Harold E. Johnson Jean Sibelius Collection an der Butler University (US-INbul) darf in diesem Zusammenhang nicht fehlen. Hier liegen Handschriften, seltene Druckausgaben, frühe Aufnahmen sowie Fotografien und Artikel. Diese einzigartige Sammlung entstand während Johnsons Forschungsreisen nach Finnland, insbesondere in den 1950er Jahren. Ein Katalog der gesamten Sammlung ist online verfügbar.
Autographe Handschriften sind zur Zeit in einer Ausstellung im Finnischen Nationalmuseum zu sehen, nur eine von vielen Veranstaltungen zum 150. Geburtstag von Sibelius. Organisationen wie die Sibelius Birthtown Foundation, die finnische Sibelius-Gesellschaft, das Yleisradio (der finnische öffentlich-rechtliche Rundfunk) sowie zahlreiche Musikfestivals und Wettbewerbe feiern den runden Geburtstag.
Standard-Literatur zu den Sibelius-Quellen sind das Thematisch-bibliographisches Verzeichnis seiner Werke von Fabian Dahlström (Wiesbaden: Breitkopf & Härtel, 2003; in RISM als SiWV zitiert) und Jean Sibelius: A Guide to Research von Glenda Dawn Goss (New York: Garland, 1998). Die kritische Gesamtausgabe Jean Sibelius Works verweist ebenfalls auf die handschriftlichen Quellen. Seit der Veröffentlichung des ersten Bandes im Jahr 1996 sind bereits 22 weitere Bände erschienen, insgesamt werden es etwa 52 werden.
Im Online-Katalog von RISM sind nur zehn Werke von Sibelius nachgewiesen, verteilt auf Bibliotheken in den USA und in Europa, allerdings noch keine Quellen aus Finnland. Als Digitalisat ist die autographe Handschrift seiner sinfonischen Dichtung Öinen ratsastus ja auringonnousu (Nächtlicher Ritt und Sonnenaufgang), op. 55, aus dem Jahr 1908 einsehbar. Sie liegt in der Juilliard Library (US-NYj) und ist trotz des schlechten Zustands überwiegend lesbar. Anhand von Streichungen, Korrekturen und Überklebungen lässt sich der Kompositionsprozess nachvollziehen.
Eine Aufnahme der sinfonischen Dichtung mit der Sinfonia Lahti unter der Leitung von Osmo Vänskä finden Sie hier. Hören Sie eine Schlittenfahrt von Suojärvi nach Värtsilä oder einen Sonnenaufgang an einem Frühlingsmorgen in Rom? Oder fragen Sie sich “Wer reitet eigentlich und warum?” wie eine Zeitung nach der Uraufführung schrieb. (Besuchen Sie die Seite des Finnischen Club Helsinki, um mehr über diese Interpretationen und Reaktionen zu erfahren).
Abbildung: Santeri Levas, Jean Sibelius, 1940-1945, Järvenpää. Finnisches Museum für Fotografie, via Flickr.
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