REPERTOIRE INTERNATIONAL DES SOURCES MUSICALES (RISM)

Zentralredaktion Frankfurt

Jahresbericht 2022

Träger: Internationales Quellenlexikon der Musik e.V., Frankfurt am Main.

Ehrenpräsidenten: Dr. Harald Heckmann, Ruppertshain; Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Wolff, Cambridge/Freiburg; Präsident: Prof. Dr. Klaus Pietschmann, Mainz; Vizepräsidentin: Prof. Dr. Andrea Lindmayr-Brandl, Salzburg; Sekretär: PD Dr. Laurent Pugin, Bern; Schatzmeister: Jane Gottlieb, New York; kooptierte Vorstandsmitglieder: Prof. Dr. Ulrich Konrad, Würzburg; Prof. Dr. John H. Roberts, Berkeley. Commission Mixte bestehend aus Delegierten von der International Association of Music Libraries, Archives and Documentation Centres und der International Musicological Society: Mathias Auclair (IAML); Prof. Dr. Egberto Bermúdez Cujar (IMS); Richard Chesser (IAML); Prof. Dr. Dinko Fabris (IMS); Prof. Dr. Markus Grassl (IMS); Prof. Dr. Beatriz Magalhães Castro (IAML); Prof. Dr. Thomas Schmidt (IMS); Prof. Dr. Barbara Wiermann (IAML); Prof. Dr. Christiane Wiesenfeldt (IMS), Sonia Wronkowska (IAML). Leiter der Zentralredaktion: Dr. Balázs Mikusi.

Projektleiter: Prof. Dr. Klaus Pietschmann, Mainz.

Anschrift: RISM Zentralredaktion, Johann Wolfgang Goethe-Universität, Campus Bockenheim, Bockenheimer Landstraße 133, 60325 Frankfurt am Main, Tel.: 069/706231, Fax: 069/706026; E-Mail: contact@rism.info; Internet: https://rism.info.

Verlage: für Serie A/I, für die Bände VIII,1 und 2 der Serie B, sowie für Serie C: Bärenreiter-Verlag, Kassel; für Serie A/II, Internetdatenbank: EBSCO Publishing, Inc., Birmingham, USA; für Serie B (ohne Bände VIII,1 und 2): G. Henle Verlag, München.

Hosting: Bayerische Staatsbibliothek, München; Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz (Datenbanken); RISM Digital Center, Bern (Website).

Hauptamtliche Mitarbeiter:innen: Martin Bierwisch M.A. (50%), Dr. Martina Falletta (75%), Stephan Hirsch M.A., Kristina Krämer M.A. (50%), Guido Kraus M.A., Alexander Marxen (75%), Dr. Balázs Mikusi, Jennifer Ward MA, MA, MSLIS. Die Arbeit wurde unterstützt durch mehrere Praktikant:innen, wie auch Julia Rosemeyer und Carina Umanski als wissenschaftliche Hilfskräfte.

Das Internationale Quellenlexikon der Musik (Répertoire International des Sources Musicales – RISM) mit der Zentralredaktion in Frankfurt steht unter dem Patronat der International Association of Music Libraries, Archives and Documentation Centres (IAML) und der International Musicological Society (IMS) und hat die Aufgabe, weltweit die gedruckte und handschriftliche Überlieferung der Musik zu dokumentieren. Nach dem ursprünglichen Konzept wurden in einer Serie A/I zwischen 1600 und 1800 erschienene Einzeldrucke, und in einer Serie A/II die Musikhandschriften nach 1600 mit einer ausführlichen Beschreibung inklusive der Fundorte nachgewiesen. Die Serie B war von Anfang an für Spezialrepertorien vorgesehen wie z. B. Sammeldrucke des 16. bis 18. Jahrhunderts, das deutsche Kirchenlied, musiktheoretische Quellen in lateinischer, griechischer, arabischer, hebräischer und persischer Sprache usw. Die Serien A/I und A/II werden bis heute laufend angereicht, wobei die Katalogisierer:innen der internationalen RISM-Community sich nicht mehr strikt an die ursprünglichen chronologischen Grenzen halten müssen. Die Serie B wird heute nur noch sporadisch (bei Einreichung von vollständigen Katalogmanuskripten) weitergeführt, und das eigentliche Quellenlexikon wird seit langem durch eine Serie C, das „Directory of Music Research Libraries“, ergänzt.

Serie A/I: Zuerst veröffentlicht in 9 Bänden und 4 Supplementbänden mit einem Registerband. Eine CD-ROM zur Serie A/I, die alle Einträge der 9 Bände und die eingearbeiteten Supplemente enthielt, war im Dezember 2011 erschienen. Die Daten der CDROM wurden in das Erfassungssystem Muscat (s. u.) geladen, und stehen seit 2015 im RISM Online-Katalog kostenfrei zur Verfügung. Einige Arbeitsgruppen bringen regelmäßig Korrekturen und Ergänzungen an, wozu auch insbesondere das Hinzufügen von Fundorten, Signaturen und Links zu digitalen Reproduktionen gehört. Damit verändern sich die online zugänglichen Daten gegenüber der früheren Buchpublikation zunehmend. Dank eines gemeinsamen Projekts mit der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek, Dresden (SLUB) stehen den Katalogisierer:innen seit 2018 neue Templates zur Verfügung, die eine ausführlichere Erfassung der Drucke ermöglichen.

Serie B: Im Rahmen dieser Reihe sind bisher 34 Bände erschienen; zuletzt in diesem Jahr B/XVIII,1: Les sources manuscrites des séquences et proses notées – IXe–XVIe siècles – France, hrsg. von Christian Meyer (München 2022). Überarbeitete Einträge aus B/I (Musikdrucke zwischen 1500 und 1550 betreffend) wurden schon 2015 in den RISM Online-Katalog aufgenommen. Im Rahmen eines größeren (überwiegend aus Drittmitteln finanzierten) Projekts konnte die Zentralredaktion in den letzten Jahren weitere B/I-Daten (Sammeldrucke bis 1700) in revidierter Form einarbeiten. Dank dieser Anstrengungen stehen nun alle B/I-Einträge grundsätzlich revidiert und vollkommen suchbar in der RISM-Datenbank zur Verfügung.

Serie C: Bisher erschienen fünf Bände, davon wurden II und III,1 in Zusammenarbeit mit dem Publications Committee der IAML auch in revidierter Ausgabe veröffentlicht. Darüber hinaus hat die RISM-Zentralredaktion einen Sonderband „RISM Bibliothekssigel-Gesamtverzeichnis“ publiziert, der inzwischen aktualisiert und mit Kontaktdaten wie Postadresse, Link zur Website und E-Mail-Adresse ergänzt auch über die RISM Website als Datenbank zur Suche angeboten wird. Als Nachfolgerin der Projektgruppe Access to Music Archives (AMA) hat die IAML 2019 eine Projektgruppe zur Revision der Serie C eingerichtet. In der dreijährigen Laufzeit wurden mehrere Funktionen des RISM-Katalogisierungsprogramms in enger Zusammenarbeit mit der Zentralredaktion optimiert und synchronisiert, um die Ausrichtung von Muscat an den jüngsten Initiativen und Modellen bibliographischer Datenerfassung zu erreichen. Im Juli 2022 legte die Projektgruppe ihren Schlussbericht dem Vorstand von IAML vor und fasste die Ergebnisse zugleich in einem „Instruction Manual for the Creation of Institutional Authority Records“ zusammen. Die ausführliche Auswertung der Analyse und der praktischen Vorschläge ist eine wichtige Aufgabe für die nächsten Jahre in der Hoffnung, dass die Einbeziehung der jeweiligen IAML-Ländergruppen in die Revision unserer Normdaten den Bestand der RISM-Körperschaftsdateien erheblich aufwerten könnte.

Serie A/II: In dieser Serie werden Handschriften mit mehrstimmiger Musik, die nach 1600 entstanden sind, erfasst und erschlossen. Sie bildet den umfangreichsten Komplex des gesamten RISM und gegenwärtig den Schwerpunkt seiner Arbeit: in mehr als 35 Ländern katalogisieren Arbeitsgruppen Musikhandschriften vor Ort in den Bibliotheken und Archiven. Die Ländergruppen erstellen ihre Beschreibungen mit dem Computer und benutzen in der Mehrzahl das speziell für diesen Zweck entwickelte Erfassungsprogramm Muscat, das kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Da die Informationen über das Internet direkt auf dem Server des RISM registriert werden, vereinfacht diese Arbeitsweise die redaktionelle Betreuung und ermöglicht dadurch den Import von weiteren externen Datensätzen.

Nach mehrmaligen Wünschen von verschiedenen Partnern haben wir den Schlusstermin der Statistik dieses Jahr angepasst, was ein ausnahmsweise 14-monatiges Berichtsjahr (vom Anfang Oktober 2021 bis Ende November 2022) ergibt. In dieser Zeitspanne haben folgende Gruppen neue Titelaufnahmen mit Muscat erfasst: Andorra: 1 Titel; Argentinien: 166 Titel; Australien: 16 Titel; China (Hongkong): 12 Titel; Deutschland: 30.572 Titel; Italien: 1.581 Titel; Kanada: 86 Titel; Litauen: 8 Titel; Mexiko: 10 Titel; Österreich: 2.145 Titel; Polen: 12.609 Titel; Schweiz: 1.278 Titel; Slowakei: 1.086 Titel; Slowenien: 16 Titel; Spanien: 3 Titel; Südkorea: 54 Titel; Tschechien: 1.483 Titel; USA: 1.316 Titel; Vereinigtes Königreich und Irland: 616 Titel. Die Zentralredaktion hat (im Rahmen von verschiedenen Projekten) insgesamt 6.265 Titel eingegeben, während die Teilnehmer*innen des Projekts „Mapping the Musical Landscape of the Sixteenth Century” 719 Titelaufnahmen erfassten.

Viele Arbeitsgruppen revidieren auch ältere Titel jeder Art. Darüber hinaus gehen in der Zentralredaktion immer wieder Ergänzungen, Hinweise auf Fehler oder Komponistenzuschreibungen von Benutzern ein, die nach Absprache mit den zuständigen Arbeitsgruppen eingearbeitet werden. Von einigen Bibliotheken erhält die Zentralredaktion auch Listen mit Links zu Digitalisaten, die nach einer Sichtung meist automatisch in die Datensätze kopiert werden können. Diese Entwicklungen tragen wesentlich dazu bei, dass die Datenbank von RISM nicht nur für die Musikwissenschaft, sondern zunehmend auch für ausübende Musiker:innen, die ihr Repertoire zu erweitern suchen, an Attraktivität gewinnt. RISM sieht es als eine wichtige Mission an, musikalische Quellen nicht nur zu dokumentieren, sondern ihre Vermittlung an ein größeres Publikum zu unterstützen. Dabei erfordert die laufende Verbesserung und Erweiterung der Datenbank sorgfältige und anhaltende Betreuung, ohne die RISM seine zentrale Position in der musikalischen Quellenforschung längerfristig kaum beibehalten könnte.

Besonders großen Aufwand seitens der Zentralredaktion erfordern Projekte, die den Import von Datensätzen aus externen Datenbanken betreffen. Etwa 55.000 Datensätze zu Musikhandschriften aus dem Vereinigten Königreich und Irland sind schon 2011 in die Datenbank von RISM übertragen worden und seitdem in unserem Online-Katalog recherchierbar. Dank ähnlicher Projekte wurden in den letzten Jahren in unseren Katalog fast 20.000 Datensätze aus der Bibliothèque Nationale de France in Paris und mehr als 27.000 Einträge aus der Datenbank von RISM Schweiz übertragen. Eine noch ambitioniertere Kooperation erbrachte 2021 erste größere Früchte mit der Veröffentlichung von mehr als 60.000, aus dem Katalog vom Istituto Centrale per il Catalogo unico delle Biblioteche Italiane (ICCU) übernommenen Datensätzen. Obwohl die Freischaltung von weiteren Teilen des ICCU-Imports erst nach längerer redaktioneller Bearbeitung möglich sein wird, hat die Darstellung des besonders wichtigen italienischen Repertoires in RISM schon jetzt in erheblichem Maße an Kontur gewonnen.

Trotz des großen Aufwands wurden auch im Berichtsjahr zwei wichtige Importprojekte vervollständigt. Einerseits übernahmen wir einen Teilbestand aus dem Katalog des Musicat-Projekts, der verschiedene Quellen aus dem Musikarchiv der Kathedrale in Mexiko-Stadt erschließt. Zwar nimmt sich die Veröffentlichung dieser 2.000 Datensätze auf die Gesamtheit der in RISM katalogisierten Daten eher bescheiden aus, sie bedeutet aber eine Verdreifachung der RISM-Quellenbeschreibungen aus Mexiko und zugleich den vielversprechenden ersten Schritt einer längerfristigen Kooperation mit den dortigen Kolleg*innen.

Der lang geplante und 2022 tatsächlich umgesetzte Übernahme von Handschriftenbeschreibungen aus dem Katalog der Österreichischen Nationalbibliothek ist allein aufgrund ihrer Dimensionen von größter Bedeutung: mit über 47.000 Datensätzen ist dieses das drittgrößte Importprojekt, das RISM je unternommen hat (nach dem italienischen und dem englischen). Des Weiteren wurde durch diese Dateneinspielung die Zahl der (in der RISM-Datenbank verhältnismäßig unterrepräsentierten) österreichischen Quellenbeschreibungen stark erhöht und dadurch die historisch bedingte geographische Unausgewogenheit des Datenpools weiter ausgeglichen. Nach den vielfältigen Erfahrungen der letzten Jahre darf die Reihe von Importprojekten als eine Erfolgsgeschichte bezeichnet werden, da die Zusammenführung von Quellen aus verschiedenen Ländern nicht nur bessere Suchmöglichkeiten für Forschende wie auch Ausübende anbietet, sondern zugleich die Beziehungen zwischen verschiedenen Regionen verdeutlicht und die Rekonstruktion von historischen kulturellen Netzwerken ermöglicht. Diese reichen nun weit über Europa hinaus: Die Katalogisate der Arbeitsgruppen in Südkorea und China oder der oben erwähnte Import von Quellenbeschreibungen aus Mexiko markieren exemplarisch das enorme wissenschaftliche Potenzial der Erweiterung des internationalen Netzwerks.

Nachdem die Daten zur Serie A/II in den 1980er-Jahren als Microfiche und ab 1994 jährlich als CD-ROM veröffentlicht wurden, stehen sie seit 2010 in einem Online-Katalog kostenlos im Internet zur Verfügung. Die Entwicklung der Suchsoftware wurde durch eine Zusammenarbeit des RISM mit der Bayerischen Staatsbibliothek, München und der Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, möglich. Inzwischen ist der Katalog – dem aktuell noch die proprietäre Software TouchPoint zugrunde liegt, die aber 2023 aufgegeben werden soll – in mehreren Schritten dank der Förderung im Rahmen des Programms FID (Fachinformationsdienst) der Deutschen Forschungsgemeinschaft weiterentwickelt worden.

Derzeit (November 2022) umfasst der Normdatenbestand 153.625 Titeln aus der Personennormdatei sowie (nach weiterer Bereinigung) 27.859 Daten aus der Körperschaftendatei. Es verbleiben 1.459.458 Titel mit Quellennachweisen, bestehend aus 1.240.932 Titeln mit Handschriftenbeschreibungen und 216.130 Musikdrucke, wie auch 836 Libretti und 422 theoretische Werke.

Da die meisten Besucher der OPAC-Seite vorrangig nach Musikhandschriften suchen, ist der bedeutende Zuwachs gerade in dieser Kategorie – im Vergleich zum Vorjahr knapp 90.000 neue Quellenbeschreibungen – von besonderer Bedeutung. Inzwischen konnten auch die beliebten Links zu Digitalisaten auf 110.000 erweitert werden – wiederum ein bemerkenswerter Zuwachs um mehr als 24.000. Diese Anreicherungen des Gesamtdatenpools tragen erheblich dazu bei, dass RISM ein unverzichtbares Instrument für Musikwissenschaftler:innen wie auch ausübende Musiker:innen bleibt, und seine unstrittige Position als „first stop“ für alle, die weltweit historische Musikquellen suchen, weiter ausbauen kann. Dieser prominente Status spiegelt sich auch in der regen Nutzung des Online-Katalogs wider: der RISM-OPAC wurde monatlich durchschnittlich von 11.330 Personen bei 30.140 Besuchen genutzt, das sind im Jahr 136.000 Personen bei 361.700 Besuchen mit insgesamt 15.7 Millionen Seitenzugriffen. Darüber hinaus werden unsere Daten von vielen Nutzer:innen durch EBSCO Publishing Inc. benutzt, wo die RISM-Datenbank im Bündel mit den Partnerprojekten RILM und RIPM für vernetzte Suchen angeboten wird (siehe http://www.r-musicprojects.org).

Seit 2013 werden die Daten des Online-Katalogs als Open Data und seit 2014 als Linked Open Data angeboten. Dieses Angebot richtet sich an Bibliotheken, die ihre Titel in den eigenen lokalen Online-Katalog übertragen wollen, oder an musikwissenschaftliche und datentechnische Projekte, die einen Quellenkatalog zu bestimmten Themen als Basis für weitere Forschung nutzen möchten. Um die Belieferung mit den Daten zu vereinfachen, hat die Zentralredaktion verschiedene Tools entwickelt, so z.B. eine SRU-Schnittstelle, die von den verschiedenen Partnerinstitutionen des RISM auch intensiv genutzt wird. Über die Seite des Online-Katalogs kann man den gesamten Datenbestand (Datensätze und entsprechende Normdaten) oder auch einen Teilbestand im MARCXML- oder RDF-Format herunterladen. Dabei werden vor allem die Daten zu den Musikincipits und Instrumenten als Forschungsbasis genutzt. Ende 2019 wurden die Daten in re3data aufgenommen, ein globales Register, das Forschungsdaten-Repositorien aus verschiedenen akademischen Disziplinen umfasst. Auch in EROMM (European Register of Microform and Digital Masters) wurden Daten zu Digitalisaten aufgenommen. RISM hofft dabei darauf, dass die Nutzer dieser Angebote eventuelle Korrekturen und Ergänzungen der Zentralredaktion melden und auf diese Weise zur Vertiefung der Datenqualität beitragen.

Obwohl die meisten Benutzer RISM durch den Online-Katalog kennen, spielt hinter den Kulissen die Erfassungssoftware Muscat, die seit ihrer Einführung Ende 2016 zur vollsten Zufriedenheit des Katalogisierungsteams läuft, eine ebenso wichtige Rolle. Muscat beruht auf einem open source Programm und ist auch auf die Bedürfnisse anderer Projekte anpassbar, so dass damit die Wiederverwendung der RISM-Daten für wissenschaftliche Zwecke erheblich erleichtert wird. Selbstverständlich wird es stets weiterentwickelt: Derzeit (November 2022) steht die Version 8.2 zur Verfügung. Die Entwicklung erfolgt in Zusammenarbeit zwischen der RISM Zentralredaktion und dem RISM Digital Center in Bern, das als der wichtigste Partner der Zentralredaktion auf internationaler Ebene gilt. Diese intensive Kooperation hilft uns dabei, eine fundamentale Priorität der Zentralredaktion – die technisch und fachlich optimale Unterstützung der Arbeitsgruppen rund um die Welt – auch in den kommenden Jahren garantieren zu können. Des Weiteren entwickelte das Digital Center dieses Jahr – in Abstimmung mit der Zentralredaktion, allerdings als grundsätzlich eigenes Produkt – einen neuen Gateway zur RISM-Datenbank, genannt RISM Online. Die Optimierung der vom neuen Service angebotenen Suchmöglichkeiten wie auch die zunehmende Nutzung der dadurch entstehenden neuen Perspektiven für Verlinkungen mit auswärtigen Datenbanken gehören zu den wichtigsten Aufgaben, denen sich RISM in den nächsten Jahren gegenüber sieht.

Die Beziehungen zu den Nutzer:innen von Muscat werden ständig intensiviert. Inspiriert von den coronabedingt zahlreichen Online-Meetings veranstalten wir seit diesem Jahr u.a. virtuelle „Muscat Coffee Hours“, die in der Regel nach einem größeren Softwarerelease stattfinden und neben einer Vorstellung der neuesten Features auch die Möglichkeit zur freien Diskussion zwischen Entwickler:innen und Nutzer:innen eröffnen. Als Zentrum eines umfassenden internationalen Netzwerks sieht die RISM Zentralredaktion es als eine ebenso wichtige Aufgabe an, noch mehr Bibliotheken, Forschungsprojekte oder gar individuelle Forschende über die großen Vorteile von Muscat zu überzeugen. Obwohl die Zentralredaktion während der Pandemie ihr Online-Workshopangebot erheblich ausweitete und auch methodisch weiterentwickelte, gelten traditionell als die wichtigsten Foren für unsere Outreach-Aktivität die jährlichen IAML-Kongresse, wo neben den wiederkehrenden „Stammgästen“ immer neue Kolleginnen erreicht werden können. Der coronabedingt schon zweimal verschobene Kongress in Prag bot außerdem die Möglichkeit, dem offiziellen Konferenzprogramm einen besonderen RISM Day (30.7.2022) hinzuzufügen. Im Rahmen dieses ganztägigen Events hielten wir eine Reihe informellere Informationssessions über die Geschichte des Projekts, die Arbeit der Tschechischen Arbeitsgruppe, die Katalogisierung von gedruckten Quellen und insbesondere ihre (oft eher problematische) Datierung usw. Die von den mehr als 40 Teilnehmerinnen sehr positiv aufgenommene Veranstaltung endete mit der ersten „live“-Ausgabe der „Muscat Coffee Hour“, die Schulung und Feedback fruchtbar miteinander verband. Dennoch sollen die etablierten Online-Workshops beibehalten werden, um etwa Bibliothekarinnen auf dem Australischen Kontinent oder Doktorandinnen aus Asien oder Südamerika adressieren zu können. Ergänzt durch die Reihe von Tutorials, die laufend über den RISM YouTube-Kanal veröffentlicht werden, verspricht die Weiterführung der Online-Workshops die Konsolidierung und Erweiterung des internationalen Netzwerks gerade in den Regionen, in denen frühere Angebote zwangsläufig weniger Resonanz hervorriefen.

Dem 70-jährigen Bestehen des RISM waren noch weitere Veranstaltungen gewidmet. Beim Kongress der IMS in Athen thematisierte ein Roundtable (anknüpfend an das Kongress-Motto „Music across Borders“) „RISM at 70: Perspectives of a Project without Borders“, gefolgt von einer Informationssession mit dem Titel „What’s New at RISM“. Schließlich fand die Konferenz „Musical Sources: Past and Future“ am 7.-9. Oktober 2022 im Plenarsaal der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz statt, die mit der 3. RISM Lecture zum Musikarchiv der Kathedrale von Mexiko-Stadt begann (Lucero Enríquez, Universidad Nacional Autónoma de México; Drew Edward Davies, Northwestern University; und Analía Cherñavsky, Universidade Federal de Integracāo Latino-Americana). Das übrige Programm der Konferenz, deren Beiträge größtensteils auf dem RISM-Youtube-Kanal veröffentlicht werden sollen, vereinte Referent*innen aus 15 Ländern und widmete sich neben der Historie von RISM aktuellen Fragen und Methoden der musikalischen Quellenforschung. Ebenfalls anlässlich des Jubiläums brachte die Zeitschrift „Fontes Artis Musicae“ (vol. 69/3) ein von Nicole Schwindt herausgegebenes Sonderheft „In Celebration of RISM’s Seventieth Anniversary“ heraus.

Die im Dezember 2020 freigeschaltete neue Website wurde mit neuen Arbeitsmöglichkeiten für die Arbeitsgruppen angereichert. Die RISM-Facebookseite hat inzwischen mehr als 4.700 Follower; bei Twitter über 2.900 Follower. Ferner kann das überarbeitete englisch-deutsche RISM-Kurzporträt als Flyer über die Zentralredaktion bezogen werden.

Im Herbst 2020 trat die Zentralredaktion dem Konsortium NFDI4Culture als Mitglied bei und bereitet in diesem Rahmen insbesondere mit der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) und der SLUB Dresden die Nutzung von Werknormdaten aus der Gemeinsamen Normdatei (GND) in Muscat vor. Die notwendigen Entwicklungen wird das RISM Digital Center vornehmen. Ebenfalls unterstützt durch NFDI4Culture erfolgt die Analyse und Aufwertung der in der RISM-Datenbank gespeicherten rd. 2.000.000 Musikincipits in Zusammenarbeit mit dem RISM Digital Center und dem Centre for Digital Music Documentation der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz.

März 2023

Balázs Mikusi