REPERTOIRE INTERNATIONAL DES SOURCES MUSICALES (RISM)

Zentralredaktion Frankfurt

Jahresbericht 2020

Träger: Internationales Quellenlexikon der Musik e.V. Frankfurt am Main.

Ehrenpräsidenten: Dr. Harald Heckmann, Ruppertshain, Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Wolff, Cambridge/Freiburg; Präsident: Prof. Dr. Klaus Pietschmann, Mainz; Vizepräsidentin: Prof. Dr. Andrea Lindmayr-Brandl, Salzburg; Sekretär: Dr. Laurent Pugin, Bern; Schatzmeister: Jane Gottlieb, New York; kooptierte Vorstandsmitglieder: Prof. Dr. Ulrich Konrad, Würzburg; Prof. Dr. John H. Roberts, Berkeley. Commission Mixte (Delegierte von IAML und IMS): Mathias Auclair (IAML); Prof. Dr. Egberto Bermudez Cujar (IMS); Richard Chesser (IAML); Prof. Dr. Dinko Fabris (IMS); Prof. Dr. Markus Grassl (IMS); Prof. Dr. Beatriz Magalhães Castro (IAML); Prof. Dr. Thomas Schmidt (IMS); Prof. Dr. Barbara Wiermann (IAML); Prof. Dr. Christiane Wiesenfeldt (IMS), Sonia Wronkowska (IAML). Leiter der Zentralredaktion: Klaus Keil (bis 31. August) – Dr. Balázs Mikusi (ab 1. September).

Projektleiter: Prof. Dr. Klaus Pietschmann, Mainz.

Anschrift: Internationales Quellenlexikon der Musik, Zentralredaktion, Johann Wolfgang Goethe-Universität, Campus Bockenheim, Senckenberganlage 31-33, D-60325 Frankfurt am Main. Telefon: +49 69 706231, Fax: +49 69 706026, E-Mail: contact@rism.info, Webseite: www.rism.info.

Verlage: Series A/I, Serie B Bände VIII,1-2 und Serie C: Bärenreiter Verlag, Kassel; Serie A/II, Internetdatenbank: EBSCO Publishing, Inc., Birmingham, AL, USA; Serie B (ohne Bände VIII,1-2): G. Henle Verlag, München.

Hosting: Bayerische Staatsbibliothek, München und Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz (Datenbanken); Digitale Akademie der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur (Webseite).

Hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Dr. Martina Falletta, Stephan Hirsch, Klaus Keil (bis 31. August), Guido Kraus, Alexander Marxen, Dr. Balázs Mikusi (ab 1. September), Jennifer Ward, Isabella Wiedemer-Höll (bis 31. Mai). Die Arbeit wurde unterstützt durch Praktikanten und durch Martin Bierwisch, Kristina Krämer und Johanna Thöne als studentische Mitarbeiter*innen.

Das Internationale Quellenlexikon der Musik (Répertoire International des Sources Musicales – RISM) mit der Zentralredaktion in Frankfurt steht unter dem Patronat der „International Association of Music Libraries, Archives and Documentation Centres“ (IAML) und der „International Musicological Society“ (IMS) und hat die Aufgabe, weltweit die gedruckte und handschriftliche Überlieferung der Musik zu dokumentieren. In einer Serie A/I werden zwischen 1600 und 1800 erschienene Einzeldrucke, in einer Serie A/II die Musikhandschriften nach 1600 mit einer ausführlichen Beschreibung inklusive der Fundorte nachgewiesen. Die Serie B ist für Spezialrepertorien vorgesehen wie z. B. Sammeldrucke des 16. bis 18. Jahrhunderts, das deutsche Kirchenlied, musiktheoretische Quellen in lateinischer, griechischer, arabischer, hebräischer und persischer Sprache usw. Die Serien A/I, A/II und B werden durch eine Serie C, das Directory of Music Research Libraries, ergänzt.

Serie A/I: Zuerst veröffentlicht in 9 Bänden und 4 Supplementbänden mit einem Registerband. Eine CD-ROM zur Serie A/I, die alle Einträge der 9 Bände und die eingearbeiteten Supplemente enthielt, war im Dezember 2011 erschienen. Die Daten der CD-ROM wurden in das Erfassungssystem Muscat (s. u.) geladen, und stehen seit 2015 im RISM Online-Katalog kostenfrei zur Verfügung. Einige Arbeitsgruppen bringen regelmäßig Korrekturen und Ergänzungen an, wozu auch insbesondere das Hinzufügen von Fundorten und Links zu digitalen Reproduktionen gehört. Damit verändern sich die online zugänglichen Daten gegenüber der früheren Buchpublikation zunehmend.

Im Rahmen eines Projekts und in Zusammenarbeit mit der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek, Dresden (SLUB) sind 2018 neue Templates zur detaillierten Erfassung von Drucken in Muscat eingeführt worden. Anschließend wurde auch der RISM-OPAC auf die neuen Anforderungen angepasst.

Serie B: Im Rahmen dieser Reihe sind bisher 33 Bände erschienen; zuletzt RISM B/XVII: Die Triosonate. Catalogue raisonné der gedruckten Quellen, hrsg. von Ludwig Finscher, Laurenz Lütteken und Inga Mai Groote, München 2016.

Überarbeitete Einträge aus B/I (Musikdrucke zwischen 1500 und 1550 betreffend) wurden schon 2015 in den RISM Online-Katalog aufgenommen. Weitere B/I-Daten (Sammeldrucke bis 1700) konnten mit Förderung durch den Kulturfonds der VG-Musikedition in revidierter Form auch dieses Jahr eingearbeitet werden.

Serie C: Bisher erschienen fünf Bände. Zuletzt konnten die in Zusammenarbeit mit dem Publications Committee der IAML revidierten Bände II und III,1 herausgegeben werden. Darüber hinaus hat die RISM-Zentralredaktion einen Sonderband RISM Bibliothekssigel-Gesamtverzeichnis publiziert, der inzwischen aktualisiert über die RISM Webseite als Datenbank der Bibliothekssigel zur Suche angeboten wird. Die Datenbank enthält auch Kontaktdaten wie Postadresse, Link zur Webseite und E-Mail-Adresse. Auch kann durch Anklicken der Bestand einer Institution im RISM Online-Katalog direkt aufgerufen werden. Als Nachfolgerin der Projektgruppe Access to Music Archives (AMA) hat die IAML im Juli 2019 eine Projektgruppe zur Revision der Serie C eingerichtet. Dabei sollen die Funktionen des RISM-Katalogisierungsprogramms in enger Zusammenarbeit mit der Zentralredaktion optimiert und synchronisiert werden, um die Ausrichtung von Muscat an den jüngsten Initiativen und Modellen bibliographischer Daten zu erreichen.

Serie A/II: In dieser Serie werden Handschriften mit mehrstimmiger Musik, die nach 1600 entstanden sind, komplett erfasst und erschlossen. Sie bildet den umfangreichsten Komplex des gesamten RISM und gegenwärtig den Schwerpunkt seiner Arbeit. Dafür werden von Arbeitsgruppen in mehr als 35 Ländern Titelaufnahmen von Musikhandschriften vor Ort in den Bibliotheken und Archiven erarbeitet. Die Ländergruppen erstellen ihre Beschreibungen mit dem Computer und arbeiten in der Mehrzahl über das Internet direkt auf dem Server des RISM. Die meisten Arbeitsgruppen verwenden das extra für diesen Zweck entwickelte Erfassungsprogramm Muscat, das kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Die Übermittlung von digitalisierten Informationen vereinfacht die redaktionelle Betreuung und ermöglicht dadurch den Import von weiteren externen Datensätzen. Die Zusammenführung von Quellen aus verschiedenen Ländern in der RISM Datenbank bietet nicht nur bessere Suchmöglichkeiten für Forscher wie auch Musiker an, sondern verweist zugleich auf besondere Beziehungen zwischen verschiedenen Regionen und fördert die Rekonstruktion von historischen kulturellen Netzwerken.

Seit Beginn des Projektes wurden ca. 1.300.000 Titelaufnahmen in die RISM Zentralredaktion nach Frankfurt gemeldet. Im Berichtsjahr hat zwar die Corona-Pandemie den Output der meisten Arbeitsgruppen stark beeinträchtigt, doch haben folgende Gruppen neue Titelaufnahmen mit Muscat erfasst: Andorra: 3 Titel; Argentinien: 697 Titel; Belgien: 23 Titel; China, Shanghai: 1 Titel, Hongkong 13 Titel; Deutschland, Berlin: 777 Titel, Dresden: 8.289 Titel, Karlsruhe: 451 Titel, Leipzig: 465 Titel, München: 13.422 Titel; Ecuador: 36 Titel; Estland: 3 Titel; Finnland: 3 Titel; Italien: 85 Titel; Kroatien: 10 Titel; Litauen: 4 Titel; Mexiko: 100 Titel; Österreich, Innsbruck: 441 Titel, Lambach: 782 Titel, Salzburg: 330 Titel (Mozarteum), Wien/Linz: 459 Titel; Polen: 11.204 Titel; Schweiz: 1.745 Titel; Slowakei: 667 Titel; Slowenien: 67 Titel; Spanien: 376 Titel; Südkorea: 715 Titel; Tschechien: 2.059 Titel; Ukraine: 244 Titel; USA: 1.160 Titel; Vereinigtes Königreich und Irland: 98 Titel.

Viele Arbeitsgruppen revidieren auch ältere Titel jeder Art. Darüber hinaus gehen in der Zentralredaktion immer wieder Ergänzungen, Hinweise auf Fehler oder Komponistenzuschreibungen von Benutzern ein, die nach Absprache mit den zuständigen Arbeitsgruppen eingearbeitet werden. Von einigen Bibliotheken erhält die Zentralredaktion auch Listen mit Links zu immer mehr Digitalisaten, die nach einer Sichtung meist automatisch in die Daten kopiert werden können. Diese Entwicklungen tragen wesentlich dazu bei, dass die Datenbank von RISM nicht nur für Musikwissenschaftler, sondern zunehmend auch für ausübende Musiker, die ihr Repertoire zu erweitern suchen, attraktiv erscheint. In diesem Sinne sieht RISM es als eine wichtige Mission an, musikalische Quellen nicht nur zu dokumentieren, sondern auch durch Vermittlung an ein größeres Publikum die Vergesellschaftung wirksam zu unterstützen. Dabei erfordert die laufende Verbesserung und Erweiterung der Datenbank sorgfältige und anhaltende Betreuung, ohne welche RISM seine zentrale Position in der musikalischen Quellenforschung längerfristig kaum beibehalten könnte.

Besonders großen Aufwand seitens der Zentralredaktion erfordern Projekte, die den Import von Datensätzen aus externen Datenbanken betreffen. Die Daten über Musikhandschriften aus dem Vereinigten Königreich und Irland sind 2011 in die Datenbank von RISM übertragen worden. Diese 55.000 Titel sind seitdem in unserem Online-Katalog recherchierbar.

Eines der wichtigsten Projekte des Berichtsjahres war der Import von Daten aus dem Katalog der Bibliothèque Nationale de France in Paris. Nachdem 2019 etwa 400 Titel von Nachweisen aus dem Département de la musique übertragen wurden, um Erfahrung mit der automatischen Konvertierung zu sammeln, konnte ein größerer Datenbestand eingespielt werden. Nach gründlicher Revision und umsichtigen Korrekturen sind im Sommer 2020 fast 20.000 Einträge von dieser höchst bedeutsamen Sammlung in der RISM-Datenbank veröffentlicht worden. Wenn auch das Material nicht alle Musikhandschriften der Bibliothèque Nationale umfasst, ist F-Pn nun das Sigel mit den fünftmeisten Nachweisen in unserer Datenbank.

Ein noch ambitionierteres Projekt strebt die Revision wie auch umfängliche Anreicherung der italienischen RISM-Datensätze an. Gemäß einer Vereinbarung von 2016 hat RISM 217.669 Titel aus dem Katalog vom Istituto Centrale per il Catalogo unico delle Biblioteche Italiane (ICCU) in Muscat übernommen. Die besondere Herausforderung dieser Zusammenarbeit besteht einerseits darin, dass die Mitarbeiter der Zentralredaktion 40.000 neue Namen zu bearbeiten haben. Andererseits hatte die RISM-Datenbank bereits ca. 89.000 Titel aus Italien nachgewiesen. Die Identifizierung und Filterung von Dubletten erfordert sowohl händische Arbeit als auch das Programmieren von verschiedenen Wartungsskripten. Derzeit ist davon auszugehen, dass ca. 45.000 Titel Dubletten sind; das Ausschließen dieser Datensätze wird wohl auch 2021 eine der wichtigsten Aufgaben der Zentralredaktion bleiben.

Inzwischen trug noch ein anderes „italienisches Projekt“ Früchte: Die RISM-Datenbank konnte mit knapp 3.000 Datensätzen überwiegend zu Musikhandschriften aus dem Fondo Cappella Sistina der Biblioteca Apostolica Vaticana (V-CVbav) angereichert werden. Die Daten basieren auf ausführlichen Katalogisaten, die Prof. Dr. Thomas Schmidt (Huddersfield) zur Verfügung gestellt hat, und sind auch über den Online-Katalog zugänglich.

Die Katalogdaten aus der Schweiz haben lange Zeit einen Ausnahmefall dargestellt, da sie zwar mit Muscat aufgenommen wurden, im Datenformat aber in einigen Details abweichen und auch deshalb vom internationalen Datenpool abgesondert aufbewahrt und zu recherchieren waren. Als wichtiger Schritt der immer engeren Zusammenarbeit zwischen der Zentralredaktion und RISM Schweiz ist nun dieses Material (es umfasst mehr als 27.000 neue Datensätze) in die Muscat-Installation der Zentralredaktion importiert. Seit der Migration der Daten katalogisiert auch RISM Schweiz direkt im internationalen Erfassungsprogramm.

Dank der Katalogisierung in den Arbeitsgruppen und der verschiedenen Datenmigrationsprojekte konnte die RISM-Handschriftendatenbank im Berichtsjahr um ca. 47.000 Titel erweitert werden.

Als Zentrum eines umfassenden internationalen Netzwerks, sieht die RISM Zentralredaktion es als wichtige Aufgabe an, seine Datenbank ständig um weitere Regionen zu erweitern. Die Einbeziehung von neuen Ländern ist in diesem Zusammenhang höchst erfreulich: dieses Jahr haben wir z.B. Quellen aus Andorra erfasst und das erste Sigel für eine Sammlung in Papua Neuguinea erstellt. Auch sind heute schon Arbeitsgruppen in Südkorea und China aktiv, deren Katalogisate auf das Potenzial für die Erweiterung des internationalen Netzwerkes hinweisen.

Ungeachtet dieser Entwicklungen steht im Fokus der Arbeit von RISM immer noch die möglichst vollständige Aufarbeitung der Quellen europäischer Musikgeschichte, und auch in diesem Gebiet bleibt noch vieles zu tun. Erstens stehen weitere Importprojekte an, dank welcher Daten aus den Nationalbibliotheken in Wien und Madrid übernommen werden; zweitens werden zurzeit mehr als 5.000 Titel von der amerikanischen Moravian Music Foundation für RISM vorbereitet. Nach den erfolgreichen Kooperationen mit dem Deutschen Historischen Institut in Rom (Sammlungen zweier römischen Fürstenhäuser betreffend) und der Staatsbibliothek zu Berlin (im Rahmen der DFG-Projekt Kompetenzzentrum Forschung und Information Musik, KOFIM) ist RISM bestrebt, mit weiteren deutschen Institutionen zusammenzuarbeiten, um den Datenbestand durch gezielte Projekte zu vervollständigen. Ein gutes Beispiel stellt unsere Vereinbarung mit dem Richard Strauss Quellenverzeichnis dar, derzufolge die in ihrem Online-Angebot) enthaltenen Beschreibungen von Musikquellen auch im RISM Online-Katalog erscheinen sollten. Leider hängen solche Kooperationen in den meisten Fällen von Drittmittelfinanzierung ab und können nur selten bis zur vollständigen Aufarbeitung des relevanten Quellenmaterials weitergeführt werden. Dennoch bietet die Übernahme der zum Suchen notwendigen Datenbestandteile und die Verlinkung mit externen Quellendatenbanken eine verhältnismäßig zeiteffektive Methode an, die RISM Datenbank in verschiedene Richtungen zu erweitern. Diese Entwicklungen tragen auch dazu bei, dass RISM seine unstrittige Position als „first stop“ für alle, die weltweit historische Musikquellen suchen, langfristig aufrecht erhalten kann.

Nachdem die Daten zur Serie A/II in den 80er Jahren als Microfiche und ab 1994 jährlich als CD-ROM veröffentlicht wurden, stehen sie seit 2010 in einem Online-Katalog kostenlos im Internet zur Verfügung. Die Entwicklung der Suchsoftware wurde durch eine Zusammenarbeit des RISM mit der Bayerischen Staatsbibliothek, München, und der Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz möglich. Inzwischen ist der Katalog, dem die proprietäre Software TouchPoint zugrunde liegt, in mehreren Schritten weiterentwickelt worden, dank der Förderung im Rahmen des Programms FID (Fachinformationsdienst) der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Derzeit (Oktober 2020) umfasst der gesamte Datenbestand im OPAC 1.425.096 Titeln. Darin ist der Normdatenbestand von 111.863 Titeln aus der Personennormdatei, 70.460 aus der Körperschaftendatei enthalten. Es verbleiben 1.242.773 Titel mit Quellennachweisen, bestehend aus 1.037.859 Titel mit Handschriftenbeschreibungen und 204.014 Musikdrucke (wie auch 766 Libretti und 134 theoretische Werke).

Die beliebten Links zu Digitalisaten konnten inzwischen auf 57.256 erweitert werden.

Der Online-Katalog wurde im Monat durchschnittlich von 8.500 Personen bei 27.220 Besuchen genutzt, das sind im Jahr 102.000 Personen bei 326.640 Besuchen mit insgesamt 22,8 Millionen Seitenzugriffen.

Die Datenbank wird auch von EBSCO Publishing Inc. im Bündel mit den Partnerprojekten RILM und RIPM (siehe www.r-musicprojects.org) angeboten.

Seit 2013 werden die Daten des Online-Katalogs als Open Data und seit 2014 als Linked Open Data angeboten. Dieses Angebot richtet sich an Bibliotheken, die ihre Titel in den eigenen lokalen Online-Katalog übertragen wollen, oder an musikwissenschaftliche und datentechnische Projekte, die einen Quellenkatalog zu bestimmten Themen als Basis für weitere Forschung nutzen möchten. Um die Belieferung mit den Daten zu vereinfachen, hat die Zentralredaktion verschiedene Tools entwickelt, so z.B. eine SRU-Schnittstelle. Dieses Angebot wird auch rege genutzt: Über die SRU-Schnittstelle etwa gelangen die Daten in das Bibliotheksservicezentrum in Konstanz, die Staatsbibliothek zu Berlin und die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek in Dresden zur Nutzung im eigenen Katalog. Das Forschungsprojekt Detmolder Hofmusik nutzt die Daten als Basis für die weitere, detaillierte Erforschung des Bestandes. Über die Seite des Online-Katalogs kann man den gesamten Datenbestand (Datensätze und entsprechende Normdaten) oder auch einen Teilbestand im MARCXML- oder RDF-Format herunterladen, dabei werden vor allem die Daten zu den Musikincipits und Instrumenten als Forschungsbasis genutzt. Ende 2019 wurden die Daten in re3data aufgenommen, einem globalen Register, das Forschungsdaten-Repositorien aus verschiedenen akademischen Disziplinen umfasst. Auch in EROMM (European Register of Microform and Digital Masters) wurden Daten zu Digitalisaten aufgenommen. RISM hofft dabei darauf, dass die Nutzer dieser Angebote eventuelle Korrekturen und Ergänzungen der Zentralredaktion melden, und wird dazu weitere Hilfsmittel entwickeln.

Obwohl die meisten Benutzer RISM durch den Online-Katalog kennen, spielt hinter den Kulissen die Erfassungssoftware Muscat eine ebenso wichtige Rolle. Muscat beruht auf einem open source Programm)und ist auch auf die Bedürfnisse anderer Projekte anpassbar, so dass damit die Wiederverwendung der RISM-Daten für wissenschaftliche Zwecke erheblich erleichtert wird.

Das Erfassungsprogramm Muscat läuft seit seiner Auslieferung Ende 2016 zur vollsten Zufriedenheit. Selbstverständlich wird es stets weiterentwickelt; derzeit steht die Version 6.3.1 zur Verfügung. Da die technisch und fachlich optimale Unterstützung der Arbeitsgruppen eine fundamentale Priorität der Zentralredaktion ist, versuchen wir verschiedene Sprachversionen der Erfassungssoftware zu entwickeln: dank der Zusammenarbeit mit André Guerra Cotta (RISM Brasilien) und Silvia Sequeira (RISM Portugal) können wir jetzt auch eine portugiesische Sprachversion von Muscat anbieten. Außerdem wurden zum großen Teil die Richtlinien von Rodrigo Balaguer und Lucas Reccitelli ins Spanische übersetzt; eine polnische Sprachversion ist auch in Vorbereitung. Muscat wird entwickelt und unterhalten in Zusammenarbeit mit RISM Schweiz, das dank dieser Kooperation schon seit mehreren Jahren als der wichtigste internationale Partner der Zentralredaktion gilt.

Des weiteren umfasst die fachliche Unterstützung die Einarbeitung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestehender oder neuer Arbeitsgruppen. Dazu besuchen MitarbeiterInnen der Zentralredaktion Arbeitsgruppen und halten Workshops auf Konferenzen. Obwohl dieses Jahr die Corona-Krise diese Art Aktivität stark gehemmt hat, wurden Workshops unter anderem auf der Jahrestagung der IAML Ländergruppe Deutschland in Bonn (September 2020) wie auch (online) für MitarbeiterInnen des Warschauer Chopin-Instituts (August und September 2020) gehalten. Daneben werden auch Tutorials auf YouTube oder direkte Kontakte online angeboten. In Zusammenarbeit mit dem Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Tübingen wurde dieses Jahr auch ein Tutorial über RISM im Rahmen der Reihe „Tübinger Tutorials zur Musikwissenschaft“ produziert.

Redaktionell ist die Zentralredaktion für die Vereinheitlichung der Daten und die Bearbeitung der Normdateien Personen, Institutionen, Literatur und (sakrale) Texte verantwortlich. Dies geschieht in enger Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen, die in diesem Zuge auch eine fortlaufende Betreuung erfahren können.

Für eine bessere Kommunikation mit Arbeitsgruppen, Benutzern und interessierten Personen hat die Zentralredaktion in den letzten Jahren verschiedene Maßnahmen vorgenommen:

Die Website des RISM, die in Zusammenarbeit mit der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur (Digitale Akademie) entstanden ist, wird von der Zentralredaktion und den Arbeitsgruppen ständig mit neuen Inhalten bestückt und erfreut sich weiter steigender Beliebtheit. Neben Neuigkeiten über Projekte, digitale Ressourcen oder Publikationen, die die Zentralredaktion von den Arbeitsgruppen bekommt, werden aktuelle Anlässe verknüpft (etwa Komponistenjubiläen, Veranstaltungen oder Instrument des Jahres), Konferenzberichte veröffentlicht und über neue Quellen in der Datenbank berichtet.

Eine RISM-Facebookseite spricht ein weiteres internationales Publikum an und hat inzwischen 3.830 Follower. Auch auf Twitter ist RISM aktiv mit 2.502 Followern.

Das “RISM-Kurzporträt” kann über die Zentralredaktion bezogen werden. Es liegt in einer englisch-deutschen, englisch-spanischen, englisch-chinesischen, englisch-russischen und auch englisch-portugiesischen Ausgabe vor.

In Wikipedia wurden Kurzartikel eingestellt, neben Englisch und Deutsch auch auf Chinesisch, Französisch, Italienisch, Katalanisch, Niederländisch, Polnisch, Russisch Schwedisch, Spanisch, Tschechisch und Ungarisch. Ende 2019 wurden die deutsche und die englische Fassung komplett überarbeitet und aktualisiert.

Die Kontakte zu den Arbeitsgruppen und zur Fachöffentlichkeit werden durch Teilnahme an Konferenzen und Veranstaltungen gepflegt. Am wichtigsten ist der jährliche, internationale IAML-Kongress, der im Berichtsjahr in Prag hätte stattfinden sollen, wegen der Covid-19-Pandemie aber nur online und stark gekürzt abgehalten wurde. Den ursprünglich im Programm stehenden RISM-Tag wollen wir 2021 nachholen und als eine Möglichkeit nutzen, von den Repräsentanten der internationalen RISM Arbeitsgruppen Ideen und Vorschläge für die Weiterentwicklung des Projektes zu sammeln. Er knüpft an einen Workshop an, der in Zusammenarbeit mit der Johannes Gutenberg-Universität Mainz im November 2019 anlässlich der Mitgliederversammlung des Vereins Internationales Quellenlexikon der Musik e.V. im Helmholtz-Zentrum auf dem Mainzer Campus durchgeführt wurde und sich als höchst perspektivenreich erwies.

Dieses Jahr war RISM mit einem Hauptvortrag „Musical Work Recognition, Linked Data, and RISM“ am Finnish Cataloguing Seminar (Kuvailun tiedotuspäivä), University of Helsinki, Oktober 2019 und einer Keynote „Cataloging concerns at RISM related to non-Western music“ auf der Online-Tagung der Corpus Musicae Ottomanicae Cataloging Working Group Meeting, September 2020 vertreten. Unsere MitarbeiterInnen nahmen auch an vielen weiteren Konferenzen teil, um mit den aktuellen Entwicklungen im Bereich Digitale Musikwissenschaft Schritt zu halten, z.B. Music Encoding Conference (Mai 2020), Society for Seventeenth-Century Music Annual Meeting (Juni 2020), Medieval and Renaissance Music Conference (Juli 2020), Digital Humanities at Oxford Summer School (Juli 2020), Tagung IAML Deutschland (September 2020), IAML International Congress (Juli 2020), die alle eine Online-Teilnahme ermöglicht haben.

RISM wurde besprochen in Early Music und Nineteenth-Century Music Review, und die beiden maßgeblichen internationalen Fachzeitschriften für Musikbibliothekare veröffentlichten größere Aufsätze zum Thema Musikdrucke in RISM (Kirstin Dougan Johnson: „Unravelling the RISM Riddle at the University of Illinois: An Inventory and Analysis“, Fontes Artis Musicae 67/2, S. 119-142 und Jennifer Ward: „Documenting Historical Printed Music in RISM: New Opportunitites for the Digital Age“, Notes 77/1, S. 9-32). Im Januar 2020 wurde die Incipitsuche des RISM Online-Katalogs sogar im Medienmagazin Billboard genannt, da Musikwissenschaftler sie genutzt haben, um (mit Erfolg) zu argumentieren, dass die Sängerin und Songwriterin Katy Perry zu Unrecht wegen Urheberrechtsverletzung verurteilt wurde. Die vielfältigen Erwähnungen von RISM in den verschiedensten Zusammenhängen bezeugen und befestigen zugleich den Ruf unserer Datenbank als unverzichtbares Instrument für Musikwissenschaftler wie auch ausübende Musiker.

Erwähnenswert ist es schließlich, dass RISM dieses Jahr auch als Mitglied des Konsortiums NFDI4Culture Unterstützung für die Weiterentwicklung von Muscat bekommen hat. Dabei soll unter anderem die intensivere Anwendung von sogenannten Werknormsätze im Fokus stehen, die die noch regere Benutzung des RISM Datenpools wie auch seine bessere Verlinkung mit weiteren Datenbanken befördern soll. Die Grundlagen für diese bedeutende Weiterentwicklung waren im Mai 2019 bei der Konferenz „Werktitel, Werknorm – Perspektiven der Einführung einer Werkebene bei RISM“ an der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz gelegt worden. Zwischenzeitlich hat die Zentralredaktion eine engere Zusammenarbeit mit der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main angeregt, um dieses wichtige Projekt in den kommenden Jahren zum großen Nutzen von Bibliothekaren, Musikern wie auch Musikwissenschaftlern realisieren zu können.

Februar 2020

Balázs Mikusi